Der Verband BIU konstatiert in einem Bericht „obwohl hierzulande immer mehr Computer- und Videospiele verkauft werden, bleibt Deutschland als Produktionsstandort vergleichsweise unbedeutend“. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Wir haben in Deutschland mittlerweile einige bedeutende Studios sowie spannende Indiehersteller. Aber ich teile die Meinung des BIU, dass wir nicht die erste Adresse sind, wenn ein Entwickler oder eine Entwicklerin auf der Suche nach einem neuen Job ist. Das ist schade, denn hier entstehen nicht nur spannende Projekte, es tut auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland gut, wenn die Gamesbranche gestärkt wird. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Beispielsweise ist die Ausbildungssituation für Spiele-Entwickler und Designer in Deutschland noch nicht ideal, den Unternehmen fehlen schlicht die Fachkräfte. Ich habe auch das Gefühl, dass die Gamesbranche trotz steigender Umsatzzahlen immer noch als Exot angesehen wird, beispielsweise bei Banken und bei dem Antrag auf Fördergelder. Hier muss ein Umdenken stattfinden.
Für Filme gibt es eine umfangreiche Förderstruktur in Bundesrepublik. Brauchen Spiele-Entwickler eine ähnliche Förderlandschaft?
Für uns GRÜNE sind Videospiele genauso wie Filme Kulturgut unserer Gesellschaft. Damit genießen sie sowohl Kunstfreiheit wie auch die Freiheit, nicht gefallen zu müssen. Die Gamesindustrie ist ein Teil der Kreativwirtschaft, die bisher aus meiner Sicht zu sehr vernachlässigt wurde. Statt in die Automobilindustrie zu investieren, sollten wir viel mehr unsere kreativen Potenziale heben. Konkret wollen wir GRÜNE die Computerspielewirtschaft stärker in die Programme der Medienförderung, vor allem die der Länder, integrieren.
Experten verweisen auf die ausgeprägte Arbeitsteilung bei der Spiele-Entwicklung und benennen unter anderem den mangelnden Internet-Breitband in Deutschland als Problem für die Spiele-Entwickler. Wie sehen Sie das?
Der Breitbandausbau ist ein echtes Problem in Deutschland. Wer nicht als Firma zentral an einem Ort arbeitet und darum große Datenmengen hin- und herschickt, braucht eine verlässliche und schnelle Internetverbindung. Das gilt natürlich auch für Spieleentwickler. In Deutschland sieht es da leider mau aus. Wir haben mit unserem grünen Breitbandcheck seit November 2015 die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes testen lassen, wie bei ihnen die Geschwindigkeit vor Ort aussieht: Bis zum April wurden rund 74.000 Tests durchgeführt. Das arithmetische Mittel lag bei 14,05 Mbit/s – weit entfernt von den 50 Mbit/s, die die Bundesregierung als flächendeckendes Ziel bis 2018 ausgegeben hat. Das ähnelt auch verblüffend den 13,8 Mbit/s, die der renommierte Akami-Report „State of the internet“ als tatsächliche Geschwindigkeit für Deutschland gemessen hat (http://www.stateoftheinternet.com/downloads/pdfs/2014-q3-state-of-the-internet-report.pdf). Damit machen weder das Arbeiten in der Cloud noch ein anspruchsvolles Multiplayer-Onlinegame Spaß. Die Entwickler sind von dem schlechten Ausbau doppelt betroffen: Sie können nicht dezentral arbeiten, und ihre Kunden können ihre Onlinegames nicht spielen. Wir müssen deshalb dringend mehr für den Breitbandausbau tun. Die Bundesregierung verschläft aber diese notwendige Entwicklung. Minister Dobrindt will vor allem sein Ziel - 50 Mbit/s flächendeckend bis 2018 - erreichen. Dass wir aber bald höhere Geschwindigkeiten (und für die Gamer eine niedrige Latenzzeit) brauchen, ignoriere die Bundesregierung. Wir wollen daher die Aktienanteile der Telekom im Bundesbesitz veräußern und die Erlöse von geschätzt 10 Mrd. Euro in den Glasfaserausbau stecken.
Im Trend sind die sogenannten „Indies“. Welche Rolle spielen unabhängige, kleine und kleinste Unternehmen für die Branche heute und in Zukunft?
Von den Indies gingen und gehen immer wieder wichtige kreative Impulse aus, auch in Deutschland. Ein Studio wie TheCodingMonkeys hat zwei Spiele entwickelt, die nicht nur wochenlang in den itunes Charts waren, sondern auch mit dem Deutschen Computerspielpreis ausgezeichnet wurden. Unabhängige Entwickler haben nicht die Ressourcen, um mit aufwendigen Grafiken und pompösen Gameplay zu überzeugen. Stattdessen haben sie meist Witz und eine originelle Idee. Genau dafür brauchen wir die Indies in der Gameslandschaft.