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Interview05.10.2016

Unions-Fraktionsvize gegen Zusammenlegung von ARD und ZDF

Warum Deutschland beide Sender braucht

Dr. Franz Josef Jung, MdB, Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Quelle: CDU-Fraktion Dr. Franz Josef Jung Bitte auswählen
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Dipl.- Journ. Thomas Barthel
Founder & Herausgeber
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Dr. Franz Josef Jung, Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Mitglied des ZDF-Fernsehrates, ist strikt gegen eine Zusammenlegung von ARD und ZDF. "Die Balance zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk einschließlich seiner Spartenkanäle und privatem Rundfunk wäre gefährdet."





Die CSU will die Forderung nach einer Zusammenlegung von ARD und ZDF in ihr Grundsatzprogramm aufnehmen. Wie stehen Sie zu dieser Forderung?
Ich lehne die Forderung ab. Das derzeitige System, in dem ARD und ZDF als selbständige Säulen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tragen, hat sich bewährt und muss erhalten bleiben.

Dies ergibt sich schon aus der Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die das Bundesverfassungsgericht 1986 postuliert und seither in mehreren Entscheidungen fortentwickelt hat. Dabei hat das Gericht besonderen Wert auf die Rolle des Rundfunks bei der Freiheit der Meinungsbildung gelegt.

ARD und ZDF spielen im Informationsbereich eine tragende Rolle. Die Programmquote von Informationssendungen, die für die politische und gesellschaftliche Meinungsbildung von Bedeutung sind, liegt weit über den entsprechenden Angeboten der privaten Sendeanstalten. Das Erste und das ZDF verwenden deutlich mehr Sendezeit für Nachrichten, Magazine, Reportagen und Dokumentationen sowie Gesprächssendungen als die Privaten. Dazu gehört auch eine Vielzahl von Sendungen zu Themen wie Wissenschaft, Wirtschaft und Verbraucherschutz. Die Quote liegt zur Zeit bei ARD und ZDF bei ca. 45 Prozent. RTL hingegen wendet nur 26 Prozent seiner Sendezeit für Informationssendungen auf, bei Pro7 sind es sogar nur 8 Prozent. 

Ebenso ist die kulturelle Arbeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unverzichtbar. Dies gilt auch für Sender 3sat und arte; während 3sat zum überwiegenden Teil vom ZDF getragen wird, speist sich das Programm von arte zu ca. 50 Prozent aus Beträgen der beiden großen deutschen Sender. Beide Sender haben über die Jahre eine hervorragende Reputation entwickelt.

Hinzu kommen die neun Dritten Programme, die von der ARD betrieben werden und eine große Vielfalt der regionalen Berichterstattung ermöglichen. Dies spiegelt nicht nur die föderale Struktur unseres Landes, sondern entspricht auch dem Bedürfnis der Menschen nach Informationen aus ihren jeweiligen Regionen.

All diese Aspekte würden bei der Zusammenlegung zu einem einzigen großen Sender leiden. Die Balance zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk einschließlich seiner Spartenkanäle und privatem Rundfunk wäre gefährdet. Überdies befördert die Existenz zweier Hauptsender den Wettbewerb um Qualitätsjournalismus; sie stellt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner Unabhängigkeit von staatlichen und wirtschaftlichen Einflüssen auf ein breites Fundament.

Unabhängig von den gewaltigen technischen, logistischen und rechtlichen Problemen, die aus einer Zusammenlegung resultieren würden, meine ich: Wir brauchen beide Sender, um den grundgesetzlichen Auftrag an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erfüllen und die Vielzahl der Meinungen und gesellschaftlichen Interessen widerzuspiegeln – im Sinne von Teilhabe, Daseinsvorsorge und Gemeinwohl.

Im Hörfunk gibt es neben zahlreichen ARD-Wellen auch die bundesweiten öffentlich-rechtlichen Programme Deutschlandfunk, Deutschlandradio und DRadio Wissen. Welchen Reformbedarf sehen Sie hier?
Grundsätzlich brauchen wir das Angebot dieser drei Sender, da sie dem ureigenen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den jeweiligen Bereichen Information, Kultur und Wissensvermittlung umfassend und kompetent nachkommen. Angesichts der zunehmenden Verbreitung des digitalen Hörfunks ist anzustreben, dass Deutschlandfunk, Deutschlandradio und DRadio Wissen eine 100-prozentige Netzabdeckung erreichen. Einen weiteren möglichen Reformbedarf müssen die Sender durch Analysen des Sendebetriebs und der Rezeption selber entwickeln.

Ohne Reformen droht nach Medienberichten langfristig eine deutliche Erhöhung der Rundfunkgebühren. Wie sollte welcher Bedarf der Anstalten gedeckt werden?
Zur Zeit tagt eine Arbeitsgruppe der Bundesländer, die sich mit der zukünftigen Formulierung und Ausgestaltung der öffentlich-rechtlichen Programme beschäftigt. Im Rahmen der Entwicklung dieses Konzepts werden sicherlich auch Einzelheiten der Finanzierung besprochen; wir werden daher die Ergebnisse der Gespräche abwarten, bevor wir zu einer möglichen mittel- bis langfristigen Erhöhung von Gebühren Stellung nehmen.

Die Digitalisierung verändert Medienangebot und Mediennutzung – wie sehen Sie prinzipiell die Zukunft des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Medienwelt?
Die Bestands- und Entwicklungsgarantie des Bundesverfassungsgerichts für den öffentlich-rechtlichen Sender bedeutet auch, dass diese auf allen relevanten technischen Plattformen vertreten sein müssen, dazu gehören auch digitale Verbreitungswege. Dies ist eine Konsequenz aus der zunehmenden Konvergenz der Medien. Dessen ungeachtet sind auch die Interessen privater Marktanbieter zu berücksichtigen, wie zum Beispiel der Zeitungsverleger. In der digitalen Medienwelt ist es von großer Bedeutung, dass die Informations- und Kulturangebote der öffentlich-rechtlichen Sender allen Zuschauerinnen und Zuschauern zur Verfügung stehen; Angebote im Unterhaltungsbereich werden voraussichtlich nicht die gleiche Bedeutung haben. Insgesamt müssen wir auf eine angemessene Balance zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Marktteilnehmern achten und werden dies auch auf verantwortungsvolle Weise tun.

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