Nach einer Durststrecke verzeichnet der private Rundfunk in den letzten Jahren wieder sattes Wachstum. Wie schätzen Sie die Lage auf dem Markt ein?
Es ist erfreulich, dass die Erträge im privaten Rundfunk zuletzt wieder deutlich gestiegen sind – seit 2012 um knapp 2 Mrd. Euro auf rund 10,7 Mrd. Euro in 2016. Dieses Umsatzplus kommt zum Großteil von den bundesweiten Free- und Pay-TV-Anbietern. Ihre Erlöse stiegen um rund 1,6 Mrd. Euro von rund 6,3 Mrd. Euro in 2012 auf 7,9 Mrd. Euro in 2016. Ein Plus von knapp 0,3 Mrd. Euro auf 1,9 Mrd. Euro in 2016 geht auf die Anbieter von Teleshopping zurück. Beim regionalen Fernsehen und beim Hörfunk insgesamt blieben die Umsätze im Großen und Ganzen konstant.
Im 10-Jahres-Vergleich ist trotz Umsatz-Wachstums der Kostendeckungsgrad gesunken. Warum sind die deutschen TV-Sender heute weniger rentabel?
Weil neben den Erträgen auch die Aufwendungen der Anbieter deutlich gestiegen sind: von gut 7,4 Mrd. Euro in 2012 auf etwa 9,4 Mrd. Euro in 2016. Allein bei den bundesweiten Free- und Pay-TV-Anbietern erhöhten sich die Aufwendungen zwischen 2012 und 2016 um rund 1,6 Mrd. Euro, die Zahl ihre Mitarbeiter stieg zeitgleich von 9.887 auf 12.742. Diese Zahlen spiegeln nicht zuletzt die Diversifizierungsstrategie wider, mit der vor allem die Marktführer, die Mediengruppe RTL und ProSiebenSat.1, auf die Digitalisierung reagieren. Beide haben Aktivitäten außerhalb ihres Kerngeschäfts vorangetrieben und gerade im Digitalbereich massiv investiert, etwa in Gaming-Angebote, Videostreaming- und E-Commerce-Plattformen.
Die großen TV-Anbieter rechnen in den nächsten Jahren mit einer Verdopplung der Umsätze bei Online- und Mobile-Werbung. Inwieweit kann dieser Teil des Geschäftes die Sender perspektivisch unabhängiger von den klassischen TV-Spots machen?
Stimmt, die Wachstumsraten bei der Online- und Mobile-Werbung sind immens: Die bundesweiten TV-Anbieter haben 2016 bereits 190,2 Mio. Euro mit Online- und Mobile-Werbung erwirtschaftet, für 2017 erwarten sie Gesamterträge in Höhe von 249,3 Mio. Euro, für 2022 gar 460,6 Mio. Euro. Dennoch müssen wir im Blick behalten, dass der Finanzierungsanteil von Online- und Mobile-Werbung an den Gesamterträgen der bundesweiten TV-Anbieter mit 2,4 Prozent derzeit noch überschaubar ist. Klassische TV-Werbespots lieferten 2016 immer noch 56,8 Prozent der Erträge. Als zweite wesentliche Ertragssäule haben sich Pay-TV und Video-on-Demand etabliert. Die bundesweiten Anbieter erwirtschafteten damit 2016 30 Prozent ihres Umsatzes, vor zehn Jahren waren es erst 17,6 Prozent. Ganz grundsätzlich gilt: Die Anbieter profitieren von einer wachsenden Zahlungsbereitschaft für hochwertige Inhalte – sowohl im klassischen Fernsehen als auch online.
Im Hörfunk-Bereich wird Geld mit der klassischen UKW-Verbreitung und klassischen Werbespots verdient, das digitale Geschäft spielt nur eine untergeordnete Rolle. Wie wird sich das auf längere Sicht entwickeln?
Es war ein großer Schritt für das digitale Radio, dass die DAB+-Reichweitenstudie 2017 erstmals signifikante Reichweiten von DAB+-Programmen auswies. Ab 2018 wird sie nun auch unter dem Dach der agma erhoben und in der MA Audio ausgewiesen. So können die privaten Veranstalter spätestens ab Herbst 2018 ihr DAB+-Angebot endlich auch auf dem Werbemarkt refinanzieren. Ich bin optimistisch: diese positive Entwicklung wird sich deutlich auf die Wirtschaftlichkeit von DAB+-Programmen auswirken.
Programme, die exklusiv über DAB+ vertrieben werden, refinanzieren sich nur in Einzelfällen. Was muss passieren, damit der Digitalstandard wirtschaftlich attraktiver wird?
Meine Überzeugung ist: DAB+ wird durch die kontinuierliche Reichweitenmessung und die weitere Marktdurchdringung mit DAB+-Empfangsgeräten (Digitalisierungsbericht 2017: 15,1 Prozent der Haushalte) immer attraktiver werden. Klar ist dennoch: DAB+ braucht weiter Impulse und die politische Unterstützung auf allen Ebenen! Sehr wichtig etwa sind die gesetzliche Festlegung, einen Multinormchip in alle neuen Radiogeräte einzubauen sowie das Engagement der Automobilindustrie, Digitalradio in allen Neuwagen als Standard anzubieten.

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