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On Air-Verkehrsservice ist ein journalistisches Angebot

Wie die ARD-Radios mit neuen Trends beim Verkehrsfunk umgehen

Günther Rau, stellv. Leiter der HA Zentrale Aufgaben im WDR Quelle: WDR/Annika Fußwinkel Günther Rau stellv. Leiter der HA Zentrale Aufgaben WDR 23.10.2019
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Trotz Onlinediensten bleibt der On Air-Verkehrsservice der Radioprogramme eine gefragte Informationsquelle", sagt Günther Rau, stellv. Leiter der HA Zentrale Aufgaben im WDR. Sein Haus ist die federführende Landesrundfunkanstalt im Bereich Verkehrsservice in der ARD. Bei den Öffentlich-Rechtlichen nutzt man neuste Technologien - verlässt sich aber nicht auf Algorithmen.







Aktuelle Verkehrsinfos werden über verschiedene Systeme (auch) ins Netz, auf Apps oder aufs Display im Auto übertragen – welche Bedeutung hat der Verkehrsservice on Air angesichts dessen noch?
Eine große Bedeutung. Trotz Onlinediensten bleibt der On Air-Verkehrsservice der Radioprogramme eine gefragte Informationsquelle. Die zweijährliche repräsentative Bitkom Research Befragung zu diesem Thema belegt, dass sich 2018 87 Prozent der Autofahrer*innen vom Radio über die Verkehrslage informieren ließen. Das sind 8 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor. Das zeigt ganz klar: Der Bedarf nach Verkehrsservice in den Radioprogrammen der ARD ist nach wie vor gegeben.

Die digitale Navigation in den Autos ist mittlerweile sehr weit verbreitet. Auch wenn es keine offiziellen Zahlen der Automobilindustrie gibt: Sogar immer mehr kleinere Wagen sind damit ausgestattet. Herkömmliche Navigationsgeräte bekommen ihre Verkehrsinformationen übrigens meistens aus dem TMC-Service der ARD. Zusätzlich nutzen viele Verkehrsteilnehmer die Navigations-Apps ihrer Smartphones. Während die digitalen Services in der Regel auf Bewegungsdaten basieren, sind in den Verkehrsredaktionen der ARD Spezialisten im Einsatz, die Bewegungsdaten analysieren und die Ursachen von Verkehrsstörungen recherchieren. Wir liefern Inhalt und Qualität. Die Mitarbeiter*innen in den Redaktionen ordnen die Informationen ein, gewichten sie und vermitteln den Fahrer*innen die Erkenntnisse, die sie für ihre Routenplanung benötigen. Das bloße Wissen um einen Stau nutzt wenig. Wenn ich nicht weiß, dass etwa der Unfall mit einem Gefahrguttransporter die Ursache des Staus ist, dürfte mir auch die Information dazu fehlen, wie lange dieser Stau noch dauert bzw. sich die Bergung hinziehen wird.

Wir wissen von unseren Hörer*innen, dass sie bei Verkehrsmeldungen ähnlich wie bei den Nachrichten zuhören. Sie erfahren im Verkehrsservice von Ereignissen in der Region, die sie interessieren und die aus Platzgründen nicht immer Eingang in die Nachrichtensendungen finden. Und das sind oft Neuigkeiten, nach denen man sich im wahrsten Sinne des Wortes richten kann. Gesprochene Verkehrsnachrichten im Radio sind außerdem immer noch konkurrenzlos schnell: Zum Beispiel als Service in Form von Gefahrenhinweisen, wie etwa bei Falschfahrermeldungen oder wenn Personen auf der Fahrbahn sind.

Wie muss sich der Verkehrsservice on Air durch die Tatsache verändern, dass (regionale) Programme heute über das Internet überall auf der Welt gehört werden können?
Wir wollen die regionale Kompetenz der ARD-Verkehrsredaktionen weiter stärken, denn die ist unser entscheidender Vorteil. Wir können lokale Besonderheiten gewichten und in zusammenfassenden Nachrichten nach den Bedürfnissen der Verkehrsteilnehmer*innen aufbereiten.

Diese Verkehrslageberichte sind auch auf absehbare Zeit die Basisinformation für eine effiziente Routenplanung. Darüber hinaus betrachten wir die weltweite Verbreitung auch regionaler Radioprogramme nicht als Nachteil, sondern vielmehr als gute Gelegenheit, die regionalen (Verkehrs)Besonderheiten auch für die Hörer*innen etwa fernab der Heimat abzubilden. Denn auch diese Aufgabe erfüllen die alltäglichen Verkehrsdurchsagen: Identifikation mit der Region und auch Unterhaltung.

Mit verschiedenen Systemen lassen sich Verkehrswarnmeldungen automatisiert mit Text-To-Speech-Lösungen ins Radioprogramm einspielen. Macht die KI künftig die Verkehrsservice-Redaktion überflüssig?
Der On Air-Verkehrsservice ist ein journalistisches Angebot, das wir mit der entsprechenden Sorgfalt für das Radio-Publikum aufbereiten. Recherche und Präsentation der Verkehrsmeldungen sind also aus unserer Sicht nicht die Aufgabe von Algorithmen.

In der ARD gibt es Text-To-Speech-Lösungen seit Beginn dieses Jahrtausends. So wird etwa der komplette Meldungsbestand des WDR im DAB+ Verkehrskanal VERA automatisch hörbar gemacht. Der BR sendet mit BR Verkehr ebenfalls ein entsprechendes digitales Zusatzangebot. Heute gibt es hierfür auch einen speziellen „Alexa“-Skill.

Auch wenn es auf dem Feld der Stimmsynthese große Fortschritte gibt, sind wir davon überzeugt, dass solche Dienste den gesprochenen Service im Radio in absehbarer Zukunft nicht ersetzen können.

Welche Bedeutung haben Informationen der Hörer/Nutzer für den Verkehrsservice On und Off Air?
Präzise Quellen für Verkehrsinformationen, wie sie zum Beispiel von TomTom oder Google angeboten werden, haben die Bedeutung direkter Nutzerinformationen an uns fast verschwinden lassen. Aber natürlich stecken hinter den Verkehrsinformationen digitaler Dienstleister in Wirklichkeit auch die Daten und Hinweise der Nutzer*innen.

Die direkten Informationen vonseiten der Nutzer*innen an die Verkehrsredaktionen können dennoch helfen, das Bild einer Verkehrssituation zu vervollständigen, selbst wenn plausible Verkehrsdaten für eine Störung vorliegen. Solche Hinweise werden daher nach wie vor gerne entgegengenommen.

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