Was sind die wichtigsten Erkenntnisse der ma 2017 IP Audio für Ihren Sender? Ergebnisse vom März 2017
Erstens, dass wir mehr Erkenntnisse darüber brauchen, wie die Online-Audio-Nutzung stattfindet. Inwieweit hört der Webradio-Nutzer „anders“ als der klassische UKW-Hörer, gerade in den jüngeren Zielgruppen? Wo ersetzt der Webstream einfach nur andere Musikquellen wie früher CD oder Kassette, wo entstehen aber auch ganz neue Hörsituationen? Zweitens sehen wir, wenn auch nicht überraschend, dass gute mobile Anwendungen die Haupttreiber der Online-Audio-Nutzung sind. Daraus folgt drittens, dass wir unsere Apps und Digitalangebote weiterentwickeln und besser auf die Anforderungen der Nutzer und das veränderte Wettbewerbsumfeld zuschneiden müssen.
Die Zahlen legen nah, dass der Zenit bei UKW überschritten ist? Welche Überlegungen gibt bei Ihnen für einen Migrationsprozess von UKW hin zu digitalen Angeboten, wie DAB+? Oder wird künftig das Netzradio der große Gewinner sein?
Audio boomt online! Ich oute mich da gleich: Für mich ist DAB+ kein Zukunftsmodell mehr. Vor zehn Jahren hätte ich das anders beurteilt, heute nicht mehr. Das rapide Wachstum der Webaudio-Nutzung zeigt doch, dass uns die User gerade die Entscheidung über den Verbreitungsweg der Zukunft abnehmen. Im smarten Zuhause wird das Musik- und Radiohören über WLAN, Funklautsprechersysteme etc. immer selbstverständlicher. Und die jüngste Ankündigung der Telekom, die mobile Nutzung z.B. des Radioplayers nicht mehr aufs Datenvolumen anzurechnen, zeigt doch, dass auch die Netztreiber erkennen, wo die Reise hingeht.
Besonders im Kommen sind Streaminganbebote, wie Spotify? Erleben wir einen Paradigmenwechsel hin zum Plattform-Musikstreaming? Wie kann das Radio ggf. gegensteuern?
Wir haben einen Paradigmenwechsel in der Mediennutzung, der sich nach Video nun auch im Audiobereich zunehmend bemerkbar macht: die Personalisierbarkeit von Inhalten, zeitsouveräne Nutzung, Interaktion und Multiplattform heißen die großen Trends und Stichworte. Radio kann bzw. muss da nicht gegensteuern, sondern den eigenen Blick erweitern. Mit unserer Kompetenz für Musik und Inhalte müssen wir auch in einer non-linearen Welt auf den relevanten Plattformen mitspielen. Das klassische lineare Angebot wird deshalb aber nicht weniger wichtig, im Gegenteil: Ist es – aus Sicht der Nutzer – nicht auch schön und komfortabel, sich nicht erst durch x-Playlisten zu klicken, sondern einfach einzuschalten und zu wissen, da ist jemand, der macht das für mich, der informiert und unterhält mich – live, mit echten Stimmen und bewegenden Geschichten.
Welche Erkenntnisse ergeben sich nach Ihrer Einschätzung aus den aktuellen Zahlen für Sie als Inhalteanbieter aber auch für den Werbemarkt?
Für den Werbemarkt ist die Botschaft doch einfach: Online-Audio-Angebote werden als Werbefläche attraktiver und bieten durch Möglichkeiten der Personalisierung, Lokalisierung etc. neue Vermarktungspotentiale, die ich z.B. in DAB+ so auch nicht habe. Für uns als Inhalteanbieter stellt sich die Frage, wie wir unseren Content für die digitalen Verbreitungsmöglichkeiten, außerhalb der rein Simulcast-Streams, für wirklich benutzerorientierte Audio-Mediatheken neu und anders aufbereiten müssen. Welche Potentiale hat z.B. eine Lokalradio-App, in der ich morgens die Nachrichten aus meiner Stadt und die Staus für den persönlichen Weg zur Arbeit in Verbindung mit einer Musikauswahl nach meinem Geschmack bekomme? Dazu brauchen wir mehr Erkenntnisse über die Bedürfnisse der Nutzer, siehe oben. Auf jeden Fall stellt der digitale Wandel aber neue Anforderungen an die künftige Ausstattung und Ausbildung in Radio-Redaktionen.