Nach einer aktuellen Studie ließen sich durch IT-Lösungen in der Verwaltung bei verschiedenen Prozessen bis zu 70 % der Kosten einsparen. Woran hakt es bei der Einführung eines effizienten E-Governments aus Ihrer Sicht?
Das im Juli 2016 verabschiedete E-Government-Gesetz NRW ist sicherlich ein großer Schritt für die Einführung von E-Government in den Verwaltungen. Dennoch gibt es einige, insbesondere rechtliche Hürden, wie bspw. das noch immer häufig geforderte Schriftformerfordernis oder die Pflicht zum persönlichen Erscheinen. Zwar bietet das Verwaltungsverfahrensgesetz elektronische Alternativen zur Schriftform, wie die qualifizierte elektronische Signatur oder De-Mail. Diese sind aber weder in der Bevölkerung noch in der Wirtschaft besonders verbreitet. Zudem werden sie durch Fachgesetze teilweise noch ausgeschlossen. Interessant wird sein, was das Normenscreening ergibt, das durch das E-Government-Gesetz angestoßen wurde und bei dem die Fachgesetze dahingehend überprüft werden.
In der Landeshauptstadt Düsseldorf läuft zurzeit ein Modernisierungsprozess der Verwaltung (Projekt 2020) unter Einbeziehung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und unter besonderer Berücksichtigung des demografischen Wandels in der Gesellschaft. Im Rahmen dieses Verwaltungsreformprozesses gab es bereits sehr viele Verbesserungsvorschläge im Bereich IT, ob die Umsetzung dieser Vorschläge zur einer Kosteneinsparung in Höhe von bis zu 70 Prozent führt, bleibt abzuwarten.
Die Studie schlägt die Entwicklung modular aufgebauter und kompatibler E-Government-Angebote vor. Wie lässt sich das bei der föderalen Struktur in Deutschland umsetzen?
Die Entwicklung modularer E-Government-Angebote ist wünschenswert. Allerdings sind die IT-Landschaften in den Behörden und auch innerhalb von Behörden momentan noch zu heterogen. Als Basis für die Entwicklung solcher Module müssten zunächst einheitliche Standards und Schnittstellen definiert werden, an denen sich die IT-Dienstleister bei der Entwicklung orientieren können.
Das angesprochene Konzept „Government as a Service“, das allen Akteuren der öffentlichen Verwaltung in einem Baukasten-System die Nutzung einheitlicher Software und Services anbietet, ist daher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Hier erhält die Zusammenarbeit der IT-Dienstleister z. B. in Verbänden wie der Vitako (bundesweit) oder der KDN in NRW (Dachverband kommunaler IT-Dienstleister) zunehmend Bedeutung.
Das angestrebte Servicekonto.NRW könnte zum Beispiel einen wichtigen technischen Rahmen zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Prozesse liefern.
Gefordert wird die Einmalerhebung von Daten und deren Wiederverwendung mit Zustimmung des Betroffenen. Wie lässt sich der Datenschutz sicherstellen?
Voraussetzung wäre die Schaffung technisch-organisatorischer Rahmenbedingungen (rechtssichere und verschlüsselte Aufbewahrung der Daten, verschlüsselte Datenübertragung etc.). Ein sogenannter "Bürger-Safe" könnte zur Aufbewahrung der Daten zur Verfügung gestellt werden und der Betroffene so mittels Zustimmung selbst über die Verwendung seiner Daten bestimmen. Dazu müsste dieser differenziert entscheiden können, welche Daten er zur Wiederverwendung freigibt und durch welche Behörden bzw. für welche Zwecke die Daten verwendet werden.
Darüber hinaus bietet das Konzept des Bürgerkontos einen großen Mehrwert: Über einen Login-Bereich hinterlegt der Bürger seine persönlichen Daten nur ein Mal und stimmt gleichzeitig einer Wiederverwendung zu. Die Daten lassen sich dann für verschiedene Vorgänge bei unterschiedlichen Behörden verwenden.
Es gibt in Deutschland bereits ein E-Government-Gesetz. Dazu gibt es Landes- und Kommunalvorschriften. Welche Änderungen am Rechtsrahmen würden Sie sich noch wünschen?
Die Vorschriften müssten dahingehend überprüft werden, ob Schriftform, persönliches Erscheinen, die Einreichung von Nachweisen oder ähnliche Hindernisse für eine medienbruchfreie digitale Verarbeitung in der heutigen Zeit tatsächlich noch erforderlich sind oder ob sie durch elektronische Alternativen ersetzt werden können. Wenn elektronische Alternativen zugelassen werden, sollte das aus den Fachvorschriften deutlich hervorgehen, damit Rechtssicherheit gegeben ist.
Zudem ist auch eine breite Aufklärung über die vielfältigen technischen Möglichkeiten, die damit einhergehenden Vorteile und eine gute Portion Überzeugungsarbeit nötig, um das Recht zu ändern.