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Interview07.04.2016

Die Daten sind sicher

Wie das Bundesarchiv seine Bestände digitalisiert

Dr. Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchivs Quelle: Foto Studio Reuther Dr. Michael Hollmann Präsident Bundesarchiv
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Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Seit 2006 baut das Bundesarchiv ein Digitales Archiv auf. Verschiedene Daten werden in geeignete Standardformate überführt und unabhängig von Trägermedien dauerhaft gesichert. Ein Gastbeitrag von Dr. Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchivs.





Das Bundesarchiv blickt auf langjährige Erfahrungen im Bereich der Archivierung digitaler Unterlagen zurück. Bereits seit den 1990er Jahren wurde mit der Übernahme der damals so genannten „maschinenlesbaren Daten“ von Stellen der Deutschen Demokratischen Republik eine vertiefte Beschäftigung mit der dauerhaften Erhaltung und Nutzbarmachung solcher Daten notwendig.

Im Jahre 2006 begann das Bundesarchiv mit dem Aufbau eines Digitalen Archivs (heutige Bezeichnung: „Digitales Magazin“), orientiert an den zwischenzeitlich entwickelten internationalen Normen und Standards, insbesondere das von der NASA entwickelte Open Archival Information System (OAIS), ein Referenzmodell für die digitale Archivierung. Der Aufbau eines Digitalen Zwischenarchives des Bundes, die Hinzunahme eines software-unterstützten „Preservation Planning“ sowie der Aufbau eines digitalen Geheimarchives stehen aktuell im Fokus.

Das Bundesarchiv verantwortet gemäß seinem gesetzlichen Auftrag die Sicherung, Nutzbarmachung und wissenschaftliche Verwertung des Archivgutes des Bundes, unabhängig von ihrer Form (z. B. Akten, Bilder, Töne oder Filme).

Im Hinblick auf elektronische Unterlagen handelt es sich dabei um die Überlieferung der zentralen Stellen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland, um Nachlässe bedeutender Personen, sowie um die Unterlagen von Verbänden und Vereinen mit überregionaler Bedeutung. Digitale (Kino-)Filme und Bilder werden aktuell nicht im Digitalen Magazin gespeichert, sondern in spezifisch auf diese Unterlagenarten zugeschnittenen Systemen.

Der aktuelle Datenbestand an originär digitalem Archivgut, also an Archivgut, das bereits in elektronischer Form entstanden ist, umfasst rund 10 Millionen Dateien – darunter beispielsweise Volkszählungsdaten der DDR von 1971 oder jüngere Sitzungsunterlagen der Gesundheitsministerkonferenz.

Ziel des Digitalen Magazins ist es, Daten aus unterschiedlichen Ausgangsstrukturen in geeignete Standardformate zu überführen und diese unabhängig von Trägermedien, auf denen sie an das Bundesarchiv übergeben wurden, dauerhaft zu sichern. Dazu erfolgt eine Konvertierung in langzeitarchivierungsfähige Formate wie beispielsweise PDF/A für Dokumente und XML für die beschreibenden Metadaten.

Zur Speicherung verwendet das Bundesarchiv eine Kombination von Festplatten und Magnetbandkassetten (Tape Library), die über einen Schreibschutz verfügen, so dass die darauf abgelegten Informationen nicht verändert oder gelöscht werden können. Dabei wird jede Datei viermal gesichert.

Das Digitale Magazin ist ferner in das umfassende IT-Sicherheitskonzept des Bundesarchivs eingebunden, das die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit der Technik und der Daten sicherstellt. Hinsichtlich des Digitalen Geheimarchivs gelten hierbei besondere bauliche und technische Anforderungen.

Um die Verfügbarkeit der archivierten Daten auch langfristig zu sichern, wird ein „Preservation Planning“ Prozess etabliert, der alle relevanten Informationen der Fortentwicklung des IT-Umfeldes beobachtet, insbesondere bezogen auf Hardwareentwicklung, Speichertechniken sowie Dateiformate. Auf Grundlage dieser gesammelten Informationen können dann im Bedarfsfall z. B. Migrationsprozesse in Bezug auf die Anpassung von Archivierungs- und Dateiformaten initiiert werden.

Indem die Archive ihr Archivgut digital verfügbar machen und rechtskonform auch online stellen, optimieren sie die Möglichkeiten der öffentlichen Wahrnehmung und Nutzung des Archivguts. Archivgut wird gesichert und erschlossen, damit es wahrgenommen werden, d. h. damit ein Nutzer es lesen, betrachten, hören oder auf andere Weise zur Kenntnis nehmen und für seine wissenschaftlichen oder sonstigen Zwecke nutzen kann. Ein Archiv hat letztlich nur Wert und Funktion, wenn sein Archivgut genutzt werden kann und genutzt wird. Ein digitales Online-Archiv bedeutet eine deutliche Absenkung der Zugänglichkeitsschwelle und trifft sich mit den Erwartungen einer Gesellschaft, die sich immer stärker daran gewöhnt, Informationen und Wissen aus dem Internet zu beziehen. Insofern stellt die digitale Bereitstellung von Archivgut eine große Chance für Archive dar.

Allerdings wäre es unsinnig, den gesamten Bestand eines Archivs zu digitalisieren und online verfügbar machen zu wollen. Im Falle des Bundesarchivs würde dies bedeuten, ca. 330 laufende Kilometer Schriftgut, mehr als 12 Millionen Fotos, und vieles mehr ins Internet zu stellen. Abgesehen von datenschutz- und urheberrechtlichen Hindernissen wäre die Online-Stellung einer solchen Menge selbst dann nicht sinnvoll, wenn sich diese gewaltige Aufgabe in überschaubarer Zeit finanzieren und tatsächlich realisieren ließe. Angesichts der für das meiste Archivgut zu erwartenden eher geringen Zugriffshäufigkeit würden Kosten und Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis stehen. Die dauerhafte Sicherung des bereits vorhandenen analogen Archivgutes in seiner ursprünglichen Form bleibt also als zentrale Aufgabe des Bundesarchivs bestehen.

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