Herr Goebel, forschen deutsche Unternehmen zu wenig?
Keineswegs. Auf lange Sicht kann ein Betrieb nur dann im internationalen Wettbewerb mithalten, wenn die Ideen der Mitarbeiter umgesetzt werden und aktiv Innovationen vorangetrieben werden. Je kleiner der Betrieb, desto größer der Druck, durch ständige Innovationen wettbewerbsfähig zu bleiben und sich einen Vorsprung gegenüber anderen Unternehmen zu verschaffen. Außerdem ist in Familienunternehmen die Zusammenarbeit mit den Kunden sehr eng, so dass neue Produkte hier oft gemeinsam nah an der Praxis entwickelt werden. Diese Erfolge lassen sich nicht immer anhand der Anzahl neuer Patente oder der Höhe der Innovationsausgaben ablesen.
Welche Anreize müssen der der Staat und die gesellschaftlichen Eliten schaffen, damit Industrie, Unternehmertum und Familienunternehmen hierzulande zukunftsfähig bleiben?
Es steckt in den Genen jedes Familienunternehmers, zukunftsfähig zu bleiben. Alles ist darauf ausgerichtet, den Betrieb in die nächste Generation zu übertragen. Dafür müssen keine Anreize geschaffen werden. So braucht es auch keine Forschungsförderung. Die Politik ist eher gefragt, die Rahmenbedinungen in Deutschland an die neue digitale Realtität anzupassen. So muss es das langfristige Ziel sein, flächendeckend Glasfaserkabel bis zu jeder Haus- und Gewerbetür zu verlegen.
Welchen Einfluss hat die schnell wachsende digitale Gesellschaft auf die Familienunternehmer?
Einen großen Einfluss. Der digitale Wandel beeinflusst alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche. Das fängt bei Produktionsabläufen an und hört bei der Arbeitswelt mit Home-Office-Möglichkeiten auf. Die meisten wissen um die Chancen der Digitalisierung für ihre eigenen Betriebe. Einigen Politikern fehlt genau dieses Verständnis. Gerade beim Thema Arbeiten 4.0 bekommt man den Eindruck, als suche Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles eher nach den Risiken statt den Chancen, die die Digitalisierung der Arbeitswelt mit sich bringt. Es scheint, als wolle die Bundesarbeitsministerin schon heute einen Schutzwall vor den vermeintlichen Gefahren des Arbeitens von morgen errichten – mit Antistressgesetzen, neuen Arbeitsstättenverordnungen, starren Vorgaben für Zeitarbeit und Werkverträge.
Sind die deutschen Familienunternehmer, so wie sie heute aufgestellt sind, noch ausreichend wettbewerbsfähig?
Die deutsche Wirtschaft ist derzeit wie auf Drogen: Der niedrige Euro-Kurs, der tiefe Ölpreis und Zinsen, die man mit der Lupe sucht, überdecken, dass die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen schrumpft. Wir müssen aufpassen, dass wir unseren wirtschaftlichen Vorsprung nicht verspielen. Das funktioniert nur mit einer vernünftigen Zukunftspolitik.
Wie springen Familienunternehmer richtig und rechtzeitig auf den „digitalen Zug“ auf? Mit welchen Programmen unterstützt der Verband aktuell seine Mitglieder?
Wir informieren unsere Mitglieder über aktuelle politische Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung. Und natürlich tauschen sich unsere Mitglieder untereinander aus. Wer hat welche Erfahrungen gemacht? Worauf ist zu achten? Das ist Kern vieler Gespräche auf unseren Veranstaltungen.