Smart Phone/ Smart Speaker/ Smart Home - immer mehr digitale Devices setzten auf Sprachsteuerung für Suchanfragen und Alltags-Lösungen. Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich daraus?
Wir beobachten derzeit, wie ein Kanal gestärkt wird, nämlich die Stimme. Inzwischen lassen sich per Stimme sogar Verträge schließen. Ich habe das selbst vor kurzem erst gemacht und über meine Alexa ein Abo abgeschlossen. Dafür musste ich nichts mehr unterschrieben oder dergleichen. Es kam lediglich noch eine Bestätigung per E-Mail, das war natürlich sehr bequem.
Von der anderen Seite her betrachtet, birgt bequemes Verhalten natürlich auch Risiken. Denken Sie nur an die Auswirkungen auf Suchmaschinen-Anfragen. Niemand wird sich nicht mehr als zwei, drei Suchergebnisse vorlesen lassen. Heute scrollen Sie auf Ihrem Desktop durch die Treffer, klicken vielleicht sogar auf die nächste Seite – das wird nicht mehr passieren, wenn Sie sich Suchergebnisse ansagen lassen. Für Marken erzeugt das einen unglaublichen Druck.
Der Digitalisierungsbericht Audio der Medienanstalten spricht von einer visuellen Reizüberflutung, die den Siegeszug von Audio unterstützt. Wie bewerten Sie das?
Schauen Sie auf Podcasts – diese verdanken ihren Erfolg auch der Mobilität. Menschen sind heute unfassbar viel unterwegs, moderne Gesellschaften sind mobile Gesellschaften. Da spielt eine Minderung der Reizüberflutung beim Medienkonsum natürlich eine Rolle. Und - je mehr der Verkehr automatisiert läuft, desto mehr Zeit bleibt für Weiterbildung, Entertainment usw. Ich habe zwar Zweifel, dass vollautomatisierte Autos überall Normalität werden, aber schon heute erlaubt die Teilautomatisierung, dass Sie auch mal einen etwas anstrengenden Podcast im Auto hören können. Jedoch am Ende werden wir das, was wir an Effizienz gewinnen, durch ein mehr Mobilität wieder auffressen.
Gleichzeitig wächst die Menge an verfügbaren Angeboten in einem wirklich krassen Ausmaß. Jeder sendet. Bei Podcasts frag ich mich manchmal, wer damit Geld verdient - aber haben die Audios auf Abruf haben aus Marketingsicht natürlich große Vorteile. Jeder kann sich zum Spezialisten aufbauen, wenn er in die Nische geht. Und als Nutzer finde ich zu jedem Detail und zu jedem noch so spitzen Thema einen Experten auf diesem Planeten.
Selbst Kurznachrichten werden immer öfter als Sprachnachricht verschickt. Wie wirkt sich der Audio-Vormarsch aus Ihrer Sicht auf die Schriftkultur aus?
Wie in vielen Bereichen gibt es eine extreme Spreizung. Wenn ich exklusive Füllfederhalter herstellen würde, könnte ich jetzt die Preise erhöhen. Denn wer schreibt, zelebriert das oft. Der Füller wird dabei natürlich zunehmend exotisch. Das ist vergleichbar mit Schallplatten – der Markt ist eine lukrative Nische.
Auf der anderen Seite wird Stimme zum Mainstream. Schauen Sie sich nur mal in einer großen Stadt oder im Zug um. Da ist ja kaum noch jemand ohne Kopfhörer unterwegs. Da findet ein regelrechtes Cocooning auf Reisen statt. Wir nutzen unsere Zeit immer effizienter und versuchen Freiräume besser zu nutzen – und wenn es mit einem Podcast ist.
Inwieweit kann man aus Ihrer Sicht insgesamt davon sprechen, dass Audio zum neuen Leitmedium wird?
Daran glaube ich nicht. Audio ist ein starker Kanal, aber die Visualisierung ist stärker. Denn ein Video spricht uns intensiver an. Dennoch nehmen Sprache und Audio natürlich einen wichtigen Platz im Leben der Menschen ein.