Der Second Screen ist inzwischen Alltag – wird es künftig überhaupt noch konzentrierte Nutzung nur eines Bildschirms geben?
Parallelnutzung ist tatsächlich ein Phänomen, das im letzten Jahrzehnt stark an Bedeutung gewonnen hat. Inzwischen gehen 67 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren beim Fernsehen zumindest hier und da ins Internet, jeder Dritte sogar häufig. Das Wachstum der Second Screen-Nutzung hat sich allerdings in den letzten Jahren verlangsamt, der Zenit scheint erreicht. Übrigens bedeutet die weit verbreitete Parallelnutzung nicht, dass die Aufmerksamkeit der Zuschauer ständig mit dem Second Screen konkurriert.
Was bedeutet Parallelnutzung für die Werbung? Sinkt die Aufmerksamkeit in den Werbepausen?
Dass die Nutzung eines Second Screen die Werbewirkung beeinträchtigt, ist ein vielfach widerlegtes Gerücht. Erstens zeigen Blickbewegungsstudien, dass auch bei Parallelnutzung während der Werbung der Schwerpunkt der visuellen Aufmerksamkeit auf dem TV-Bildschirm bleibt. Zweitens wirkt Werbung nachweislich auch in Situationen, in denen sich Zuschauer mit dem Second Screen beschäftigen – zum einen über das periphere Sichtfeld und zum anderen über die Tonspur. Und drittens eröffnen sich für die Werbung sogar neue Chancen. Denn sehr häufig suchen die Zuschauer nach Produkten oder Dienstleistungen, die sie gerade in der Werbepause oder in einer Sendung gesehen haben. Das lässt sich an den Suchanfragen z.B. bei Google oder an den Zugriffen auf die Websites der beworbenen Marken ablesen.
Man kann es sogar noch zuspitzen: TV ist oft der entscheidende Anreiz, eine Suche im Internet zu starten, die Anbieter-Website aufzurufen und im Idealfall direkt zur Bestellung zu schreiten. Wenn Werbungtreibende dieses Wissen zielgerichtet einsetzen, können sie Parallelnutzung sehr erfolgreich für sich und ihre Ziele nutzen. Denn der Second Screen ist ein unmittelbarer Rückkanal, über den sich der Werbekontakt in einen Dialog zwischen Verbraucher und Werbetreibenden übersetzen lässt.
Welche Rolle spielen insbesondere Text und Ton bei der TV-Werbung in Zeiten des Second Screen?
Die Kreation von TV-Spots ist natürlich entscheidend für den Erfolg einer Werbekampagne, gerade auch im Hinblick auf die parallele Nutzung von TV und Internet. Akustische Prägnanz hat stark an Bedeutung gewonnen: Markante Elemente wie eine angenehme Stimmen, eingängige Musik oder auch auffällige Signaltöne haben sich als besonders wirksam erwiesen. Auch die häufige Nennung der Marke und einprägsame Claims begünstigen die Werbewirkung, wie zahlreiche Untersuchungen zeigen.
Welche Chancen ergeben sich umgekehrt dadurch, dass ein Interaktions-Device in der Hand des Zuschauers liegt?
Besonders gut funktioniert diese unmittelbare Interaktion bei Produkten, die eng an ein TV-Format angebunden sind, wie es zum Beispiel bei Product Placements der Fall ist – hier ist die Werbewirkung bei Second Screen-Nutzern oft sogar besonders hoch.
Schlussendlich denken wir, wie der Werbungtreibende auch, an den Konsumenten und auf welchen Kanälen wir ihn mit welcher Botschaft am besten erreichen. Wir müssen die Kanäle geschickt miteinander vernetzen, um das Kampagnenziel optimal zu erreichen. Übrigens hat man das im Marketing immer schon so gemacht, es sind eben nur in den letzten Jahren viele Kanäle hinzugekommen, die man klug aufeinander abstimmen muss, damit alle Bausteine ineinandergreifen.
Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich bei Channel-übergreifenden Kampagnen durch die zunehmende Verbreitung von Smart-TV-Geräten?
Mit den Möglichkeiten von Connected TVs kommt ein weiteres Tool für Marketer und Mediaplaner hinzu. So kann bei Addressable TV auf einem Sender unterschiedliche Werbung ausgespielt werden, je nachdem, welche Zuschauer man gezielt ansprechen möchte. Auch Retargeting ist eine attraktive Möglichkeit für Werbetreibende: dabei wird per Cookie registriert, ob und wie oft der klassische TV-Spot auf dem Gerät bereits angezeigt wurde. Werbekontakte können auf diese Weise auf Kontaktklassen optimiert werden.
Eine Herausforderung ist dabei die wachsende Komplexität für die Mediaplanung. Der Bedarf nach einer genauen Abstimmung aller Gewerke im Mediaplanungsprozess steigt.
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