Wie viel Schwung bringt die neue Radio-App für DAB+?
Das LG-Handy bringt einen enormen Schwung für die weitere DAB+ Entwicklung. In Paris wurde eindrucksvoll demonstriert, was das Handy zusätzlich leisten kann. Beispielsweise war die Präsentation des Fraunhofer Instituts zum Emergency Warning System sehr wichtig. In einer Notfallsituation kann über das Digitalradio-System - nun auch via Handy - der entsprechende Hörer in seiner vorgewählten Landessprache umfassend informiert werden. Gerade in Katastrophensituationen, wie Bombenattentate, stehen WLAN und damit auch das mobile Internet nicht mehr zur Verfügung. Die DAB+ Technologie als Broadcast-Technologie ermöglicht aber die komplette Information der Bevölkerung. Auch in jeder Sprache, egal ob Türkisch, Arabisch, Englisch oder Hindi.
Mit LG kündigt jetzt ein erster Hersteller an, DAB+ auf Smartphones bringen zu wollen. Wie wichtig wäre der Handymarkt für DAB+?
Der Handymarkt ist natürlich ein ganz wichtiger Markt auch für die DAB+ Entwicklung. Auch wenn wir wissen, dass derzeit noch am meisten Radio über das normale Radiogerät gehört wird, ist das Handy ein vielgenutztes Empfangsgerät, vor allem bei der jungen Generation.
Womit erklären Sie sich die bisherige Zurückhaltung der Handy-Endgerätehersteller in Bezug auf DAB+?
Mobilfunkunternehmen haben ein anderes Geschäftsmodell, ihnen geht es um den Verkauf von Datenraten, nicht um die kostenlose Verteilung von Broadcast-Technologie. Deshalb werden vermutlich nicht alle Mobilfunkunternehmen auf diesen Zug aufspringen, aus ihrer Sicht sehen sie keinen großen Geschäftsvorteil darin. Vielleicht sollten sie aber beachten, dass auch die Nutzung von Broadcast-Technologie über das Handy ihre Vertragskunden positiv beeinflusst. Auf Dauer wird wohl kein Mobilfunkunternehmer ohne Integration von Broadcast auskommen, nur jetzt ist es auch ohne Radio möglich, vielleicht waren die Erfahrungen mit der UKW-Nutzung nicht sehr berauschend.
Bei vielen Nutzern gelten Streamingplattformen, wie Radioplayer oder radio.de als besonders chic. Klappt das jetzt auch mit DAB+ auf dem Smartphone?
Zuerst einmal muss sich Digitalradio via Smartphone noch stärker durchsetzen. Wir stehen erst am Anfang, ich bin aber davon überzeugt, dass das Kostenargument eine entscheidende Rolle spielt. Broadcast-Technologie und Radioprogramme sind immer kostenlos, während Internet-Streams immer mit Kosten verbunden sind und die Kosten für die sog. Flatrates werden nicht billiger, ganz im Gegenteil. Die Mobilfunkunternehmer suchen immer nach einer Möglichkeit, für Surfen mehr zu verlangen, wie auch jüngst deutlich wurde. Wenn die neuen Mobilfunknetze ab 2020 langsam aufgebaut werden sollen, ist dies eindeutig mit höheren Kosten verbunden. Bis dahin werden wir den Ausbau von Digitalradio von der DAB+ Technologie auf allen Gebieten promoten, wir werden sicherlich auch weitere Handy-Hersteller ermuntern, diese Technologie zu integrieren, aber nichtsdestoweniger ist der Verkauf von normalen Radiogeräten absolut in unserem Focus. Bereits über 32 % der neuverkauften Radiogeräte haben DAB+ Empfänger integriert und diese Zahl wird zunehmen. Auch die Ausstattung bei neuausgelieferten Autos ist mit 13 % in 2015 schon sehr positiv, aber natürlich noch ausbaufähig, insgesamt sind etwa 2 Millionen PKWs mit DAB+ augestattet.
Welche Erwartungen haben Sie generell an das Digitalradiojahr 2016?
Fazit für mich: Das Digitalradio 2016 wird weitere wichtige Akzente setzen, einer davon wird die Errichtung des neuen Digitalradiobüros in Berlin sein, in dem öffentlich-rechtliche und private Sender sowie die Industrie das Thema Digitalradio mit großem Schwung weiterbefördern werden. Die DAB+ Karawane rollt.