Die Deutsche Bahn plant die klassische Fahrkarte in Papierform abzuschaffen, was halten Sie von den Plänen des Bahnkonzerns? Darf ein Monopolist die Digitalisierung erzwingen? Stichwort: was passiert mit älteren, nicht technikaffinen Fahrgästen oder Kunden mit kleinem Geldbeutel?
Ein solcher Schritt erscheint in einer Welt, die ihre Abläufe zunehmend digitalisiert, naheliegend und folgerichtig. Insbesondere in den Fernverkehrszügen zücken heute schon erstaunlich viele Reisende Ihr Handyticket, wenn der Fahrschein kontrolliert wird. Das heißt aber nicht, alle Reisende zur Nutzung eines elektronischen Tickets zwingen zu können. Letztlich entscheidet allein der Kunde, ob er entsprechende Angebote wahrnehmen will. Da wird es immer Möglichkeiten geben müssen, auch Menschen ohne Handy als Kunde ans Unternehmen zu binden.
Insofern bedarf es einer vernünftigen Planung. Schon heute ist absehbar, dass sich Vertriebswege und Reiseketten ändern werden. Darauf muss ein Unternehmen wie die DB AG reagieren. Leider vermittelt der Bahn-Konzern mit seiner unausgegorenen Ankündigung derzeit den Eindruck, zwar handeln zu wollen, aber nicht genau zu wissen, wie. Klar ist: wir brauchen vernünftige und solide Prozesse, die auch die Interessen der Beschäftigten berücksichtigen. Dafür werden wir als EVG sorgen. Denn natürlich hat so ein papierloses Ticket unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeitsplätze unserer Kolleginnen und Kollegen in den Reisezentren, im Vertrieb und in den Zügen. Da gibt es Tarifverträge und Vereinbarungen mit den Interessenvertretungen, die es einzuhalten gilt. Darauf werden wir im Sinne der Beschäftigten achten.
Insofern empfehlen wir dem Bahnvorstand, zunächst das Gespräch mit allen Beteiligten zu suchen, bevor er mit einem so sensiblen Thema in der Öffentlichkeit geht, ohne dass klar ist, wie die Umsetzung erfolgen soll.
Wie ist Ihre Einschätzung in Bezug auf den Datenschutz, wenn Bahnkunden künftig Zugriff auf Ihre persönlichen Daten auf dem Smartphone erlauben müssen?
Jeder, der sich im Internet bewegt oder Apps auf seinem Handy nutzt, gibt schon heute persönliche Daten preis. Wichtig ist, dass die Zugriffsmöglichkeiten auf das unbedingt Notwendige reduziert werden. Zudem müssen die Kunden wissen, welche Daten genutzt werden. Eine Nutzung sollte nur mit ausdrücklicher Zustimmung zulässig sein. Hier schafft nur maximale Transparenz Vertrauen. Ob es rechtlich zulässig sein wird, den Ein- und Ausstieg - und damit die abzurechnende Fahrstrecke – elektronisch zu erfassen, werden Datenschützer und möglicherweise Gerichte entscheiden. Das Erstellen von Bewegungsprofilen durch eine elektronische Fahrkarte darf nicht möglich sein. Soweit solche Daten zu Abrechnungszwecken gespeichert werden müssen, dürfen sie nur zu diesem Zweck benutzt werden und müssen umgehend wieder gelöscht werden. Eine Nutzung ohne Identitätsangabe wie beispielsweise das e-ticket, das es schon in verschiedenen Verkehrsverbünden gibt, muss weiterhin möglich bleiben.
Gefährdungspotentiale könnten auch bei eventuellen Hackerangriffen aufs Smartphone drohen. Was sollte im Schadensfall passieren, damit Kunden nicht ggf. die Mitfahrt verweigert wird?
Hier gilt es praktikable Lösungsansätze zu finden, die den Interessen beider Seiten gerecht werden. Das Unternehmen muss die Gewissheit haben, nur Fahrgäste zu transportieren, die ihren Reisepreis bezahlen. Ebenso haben Fahrgäste immer einen Anspruch darauf, mitgenommen zu werden, wenn ein elektronisches Ticket vorliegt. Wie der Nachweis zu führen ist, sollte im Sinne des Kunden festgelegt werden. Ansonsten fehlt es an der nötigen Akzeptanz zur Einführung entsprechender Systeme.
Welche Regelungen erwarten Sie ggf. vom Gesetzgeber?
Für uns ist die Einhaltung des Datenschutzes eine elementare Forderung. Der Verzicht auf Papiertickets darf nicht zum gläsernen Reisenden führen, dessen Bewegungsprofil möglicherweise am Dritte verkauft wird, weil sich mit solchen Informationen Geld verdienen lässt.