Ist das schon Sport oder nur zur Unterhaltung gemacht? Seit Jahren wird über den Status von E-Sport heftig gestritten. Nun kam ein Gutachten im Auftrag des DOSB zu dem Ergebnis, dass E-Sport kein Sport sei, u.a. da es an der Körperlichkeit fehle. Das stößt auf Kritik.
So sagt etwa Hans Jagnow - Präsident, ESBD - eSport-Bund Deutschland e.V., in einer Fachdebatte auf Meinungsbarometer.info: "Wir verstehen den eSport als eine Präzisionssportart, ähnlich wie Sportschießen, Darts oder Motorsport." Diese anerkannten Sportarten würden sich auch nicht ausschließlich über ihre Körperlichkeit definieren, die aber trotzdem eine gewichtige Rolle spiele. Auch beim eSport dürfe die eigenmotorische Eigenaktivität keinesfalls unterschätzt werden.
Auch Prof. Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln kann die Argumentation des Gutachtens in diesem Punkt nicht nachvollziehen. Er bestätigt: "Wenn wir den eSport mit anderen vom DOSB anerkannten Sportarten wie Schach, Billiard oder Schießen vergleichen, so sehen wir, dass dort ebenso die Präzision im Vordergrund steht und keine kraftvolle Bewegungsentfaltung." Professionelle eSportler erreichen nach seinen Aussagen bis zu 400 Aktionen in der Minute mit Maus und Tastatur. "Hinzu kommen, von uns gemessene Herzfrequenzen und Cortisolwerte, die mit einem Elfmeterschießen im Championsleague-Finale vergleichbar sind."
Allerdings gibt Dr. Daniel Illmer, Leiter der Stabstelle Verbandsentwicklung im DOSB, in der Fachdebatte zu bedenken, dass eine Aufnahme von eSport in den Verbund der deutschen Sportverbände und -vereine unter dem Dach des DOSB nicht nur an der im Gutachten angesprochenen fehlenden Bewegungskomponente beim Spielen vor dem Bildschirm scheitert. Spieleindustrie und Vereins- und Verbandssport seien komplett unterschiedlich aufgebaut. Die Spielebranche sei ein Wirtschaftszweig mit gewinnorientierten Unternehmen, der organisierte Sport ein Zusammenschluss von überwiegend ehrenamtlich und gemeinwohlorientiert arbeitenden Vereinen. Die Spielregeln im Sport kämen in demokratischen Prozessen und öffentlich nachvollziehbar zustande, die Entwicklung von Computerspielen sei allein Sache der Hersteller. Man werden zum Thema in einen weiteren Dialog mit den Mitgliedsorganisationen und der Politik einsteigen. "Dabei werden wir wie bisher die elementaren und konstituierenden Werte des Sports als Maßstab für unsere Entscheidungen anwenden."
Prof. Christof Seeger, Studiendekan Crossmedia Publishing & Management an Hochschule der Medien Stuttgart, ist tatsächlich sicher, dass sich die Kultur des eSports, oder des eGaming völlig unabhängig von einer Anerkennung als Sportart durch den DOSB weiterentwickeln wird. Mit über 380 Mio. Zuschauer weltweit, eigenen Streaming Kanälen und Stadion-Events, sowie einem Umsatz von knapp 1 Milliarde US$ sei die Anerkennung als „Sport“ das kleinste Problem.
Allerdings: "Unabhängig des Millionengeschäfts eSport wäre es doch aber gerade für den Breitensport nachdenkenswert, wie man durch hybride Angebote junge Menschen verstärkt für Vereinsaktivitäten interessieren kann." Als Beispiel nennt er kleinere Sportvereine. Hier gehe es tatsächlich um das soziale gemeinsame Erleben von Siegen und Niederlagen, um gruppendynamische Prozesse und letztlich auch um die Bewegung und das Trainieren von besonderen Fähigkeiten. Der Forscher kann sich vorstellen, dass zukünftig bei 13-oder 15-Jährigen ein Fußball-Team aus der normalen Fußballmannschaft und eSportlern besteht. Die Ergebnisse der Matches könnten miteinander verrechnet und in eine gemeinsame Tabelle überführt werden. So "könnten Vereine neue Zielgruppen ansprechen und sogar einen Beitrag zur Inklusion leisten, denn jemand der im Rollstuhl sitzt, kann auch virtuellen Fußball spielen."