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Bericht

Wirtschaftlichkeit oder Technologiepolitik?

In einem dreistufigen Verfahren entscheidet die KEF über künftige GEZ-Gebühren

Helwin Lesch, Leiter der Hauptabteilung Programmdistribution des Bayerischen Rundfunks Quelle: BR 31.12.2007

Nach dem 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrag kommt der KEF eine gesetzliche Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, welcher öffentlich-rechtliche Sender wie viel Geld bekommt. Die Kommission soll demnach „unter Beachtung der Programmautonomie der Rundfunkanstalten deren Anmeldungen fachlich überprüfen und den Finanzbedarf feststellen“, heißt es in den Statuten. Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist dabei oberste Prämisse, was sich auch in der Mitgliederverteilung widerspiegelt: Jedes Bundesland entsendet einen Delegierten in den Mitgliederrat. Das Gros sind Rechnungshofpräsidenten und Juristen.

Bis die Rundfunkgebühren festgesetzt sind, die dann durch die GEZ eingezogen werden, muss ein dreistufiges Verfahren durchlaufen werden. Zunächst melden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihren Bedarf für die kommenden vier Jahre bei der KEF an. Die ARD meldete beispielsweise für die kommende Periode 140 Millionen Euro für den digitalen terrestrischen Hörfunk an. Anschließend überprüft die KEF den Bedarf. Wie dieses Prozedere genau abläuft, ist unklar. Die KEF wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern. Fest steht nur: Während die medien- und industriepolitischen Entscheidungen auf verschiedensten Podien und Foren im Lauf des zurückliegenden Jahres erörtert wurden, stellte sich nur eine Institution nicht der Diskussion: die KEF. „Das KEF-Verfahren aber ist für eine transparente, breite Diskussion nicht angelegt“, sagte Helwin Lesch, Leiter der Hauptabteilung Programm-Distribution des Bayerischen Rundfunks in München.

Viele Branchenkenner befürchten, dass die KEF auf Grund ihrer Mitgliederstruktur voreingenommen sei. Helwin Lesch: „Ich habe immer noch die Hoffnung, dass die KEF technologieneutral für die digitale terrestrische Rundfunkverbreitung entscheidet. Wir freuen uns, wenn wir von Technologieneutralität hören.“ Im zweiten Verfahrensschritt hatten ARD, ZDF und Deutschlandradio in den vergangenen Wochen die Chance zur Stellungnahme. Ende Oktober wurde die ARD von der KEF angehört, eine Woche später wurden die Länder einbezogen, und Ende November gab es nochmals ein Spitzentreffen der ARD mit der KEF - bei dem DAB eines der Topthemen gewesen ist, berichten Sitzungsteilnehmer. Zu einer Einigung kam es allerdings nicht.

Nun befürchten Entscheidungsträger der Öffentlich-Rechtlichen harte Konsequenzen, sollte der KEF-Entwurf 1:1 umgesetzt werden. Dieser sieht vor, dass die Öffentlich-Rechtlichen statt der beantragten 140 Millionen Euro für die Digitalisierung nur 15 Millionen Euro erhalten. „Sollte der KEF-Entwurf so umgesetzt werden, müssten wir DAB Ende 2008 abschalten“, sagte Dr. Chris Weck, Hauptabteilungsleiter Rundfunk- und Informationstechnik
des Deutschlandradios. Deutschlandradio und Deutschlandfunk streben eine flächendeckende Versorgung und wesentlich besseren Indoor-Empfang an. „Das ist mit den angekündigten geringeren Mitteln aber nicht machbar“, folgerte Weck. Die KEF habe ignoriert, dass der Sender laufende Verträge habe. „Die bewilligten Mittel reichen nur, um die Sendebetriebsgesellschaften abzuwickeln. Damit sind alle Investitionen für uns und den Gebührenzahler verloren. Sollten wir später wieder einmal ein Digitalradioprojekt starten, müssten wir wieder von vorne anfangen.“

Der KEF-Bericht, der Ende Januar vorgestellt werden soll, könnte damit zur Entscheidung über die Zukunft des digitalen Radios in Deutschland werden. In der letzten Stufe des Verfahrens sind die Landesparlamente gefordert, die Sozialverträglichkeit der Gebühren zu überprüfen und festzusetzen. „Die Landesparlamente müssen sich auch fragen: Was kann die Rolle der KEF in punkto Gebührenentscheidung sein und was nicht. Technologiefragen gehören vermutlich nicht dazu“, kommentiert BR-Mann Lesch die Problematik.

„Klare Rahmenbedingungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind unentbehrlich - gerade im Hinblick auf die Digitalisierungsstrategien“, verlangt der medienpolitische Sprecher der FDP, Christoph Waitz. „Es sind die Länderparlamente, die die medienpolitische Verantwortung tragen und Medienpolitik im Sinne eines Masterplans gerade auch für die Digitalisierung des Hörfunks auszuüben haben“, so der Bundestagsabgeordnete.

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