„Digitalisierungsprozesse innerhalb des Bauwesens können nicht nur dazu beitragen, die vorhandenen und stellenweise noch sehr traditionellen Vorgänge zu beschleunigen, auch helfen datenbasierte Vorgänge dabei, die häufig bei Projektabwicklungen auftretenden Informationsverluste zu reduzieren“, sagt Prof. Dr.-Ing. Kay Smarsly, Leiter des Instituts für Digitales und Autonomes Bauen an der Technischen Universität Hamburg. Das Building Information Modeling (BIM) spiele dabei hier eine wesentliche Rolle. Das ermögliche die Einbindung innovativer Arbeits- und Hilfsmittel im Bauwesen, etwa den zunehmenden Einsatz neuer Technologien, indem Bau- und Instandhaltungsprozesse künftig vermehrt mit Robotern umgesetzt werden.
Darüber hinaus bietet „konsequente Planung im 3D-Gebäudemodell noch weitere Chancen“, betont Stephan Weber, Vizepräsident der Architektenkammer Baden-Württemberg. „Gerade im frühen Entwurfsprozess helfen Variantenuntersuchungen nicht nur die architektonisch ansprechendsten, sondern auch die kostengünstigsten und vor allem nachhaltigsten Gebäudekonzepte zu finden und weiterzuentwickeln.“ Dabei könne ein 3D-Gebäudemodell beispielsweise die CO2 Bilanz über eine vordefinierte Nutzungsdauer hinweg simulieren.
Die Methode BIM entfalte dann ihre größte Wirkung, „wenn wir entlang der gesamten Wertschöpfungskette eine digitale Durchgängigkeit herstellen“, macht Johannes Fox, Referatsleiter für Digitale Transformation des Bauwesens am Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) deutlich. Einerseits müssten alle Beteiligten der Bauwirtschaft durch Aus- und Fortbildung in der Anwendung der BIM-Technologie und in einer neuen, kooperativen Form der Zusammenarbeit fit gemacht werden. Andererseits „benötigen wir eine gemeinsame Sprache unter Berücksichtigung der Besonderheiten der deutschen Baubranche“.
„Die Bauwirtschaft muss in vielen Bereichen um- bzw. neudenken, damit die Methodik BIM nicht nur theoretisch, sondern vor allem in der Praxis erfolgreich umgesetzt werden kann“, bestätigt Prof. Dr.-Ing. Patrick Schwerdtner vom IBB - Institut für Bauwirtschaft und Baubetrieb der TU Braunschweig. Er fokussiert besonders auf notwendige Standardisierungen. „Gerade die Implementierung dieser Voraussetzungen fällt uns in der Bau- und Immobilienwirtschaft mit ihrem … kulturellen Selbstverständnis einer Trennung von Planung und Ausführung besonders schwer“, so Schwerdtner. Es werde daher zunächst viele erfolgreiche und damit beispielgebende Insellösungen geben.
Auf den Aspekt der Nachhaltigkeit beim BIM-basierten Bauen verweist hingegen Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen. Aus diesem ließen sich „jede Menge“ Effizienzgewinne erreichen. „Den größten Hebel sehen wir jedoch in der Gebäudebewirtschaftung.“ Denn: Die Betriebskosten eines Gebäudes überschritten um ein Vielfaches dessen Investitionskosten. „BIM wird dabei helfen, Prozesse im Betrieb und der Instandsetzung von Gebäuden zu optimieren. Ziel wird dabei ein wirtschaftlicher und nachhaltiger Gebäudebetrieb sein.“
„Die Vorteile liegen auf der Hand: Vor allem bei größeren und komplexen Bauprojekten schafft BIM eine wesentlich höhere Termin- und Kostenstabilität“, sagt hingegen Stefan Schnorr, Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr. Schätzungen aus dem BIM-Masterplan Bundesfernstraßen gingen für den Planungs- und Bauprozess von drei bis sechs Prozent Kostenreduktion und von zwei bis vier Prozent Beschleunigungseffekten aus. „Dies sind bei Großprojekten sehr signifikante Größenordnungen. Das heißt, dass zusätzlich zu den finanziellen Einsparungen im Bauprozess, Infrastrukturen schon früher in den Betrieb genommen werden können.“
Digitales Bauen mit BIM sei vor allem: Kooperation und Komplexitätsmanagement, um für jedes Problem beim Bauen rasch die beste Lösung zu finden, führt das Hochschullehrer-Team „Interessengruppe Digitalisierung“ der Fakultät Bauingenieurwesen der OTH Regensburg um Prof. Mathias Obergrießer aus. Man müsse den Anwendern in der Industrie nur Zeit geben, diese neue Technologie zu erlernen. Seitens des Fakultät Bauingenieurwesen sei man mit dem Lehr- und Forschungsgebiet digitales Bauen als Vertiefungsrichtung im Masterstudiengang an der OTH bestens aufgestellt. „Deshalb wird die OTH zusammen mit dem Bayerischen Bauindustrieverband das building.lab einrichten. Hier werden ab Frühjahr 2023 Lehre, Vernetzung, Forschung und Innovationsunterstützung zum Thema Digitalisierung im Bauwesen weiter gebündelt.“