„Ich habe noch nie eine Branche erlebt, in der die Leute über so viele Jahre so gut gelaunt sind wie die Radiobranche“, stellte ein Radioday- Besucher mit ungläubigem Kopfschütteln fest. Er gehört der Endgeräteindustrie an. Die rund 3.000 Besucher und Aussteller des Radioday 2008, die am 12.06.2008 nach Köln gekommen waren, zelebrierten 24 Stunden lang ihre gute Radio-Laune - am Tag auf den Messeständen in der Köln-Messe und auf den Diskussionsforen sowie am Abend und in der Nacht bei ausgelassener Partystimmung in den Rheinterrassen.
Der normale Radioalltag versetzt hingegen die Radio-Manager nicht in so positive Stimmung. Die Branche hat seit den letzten Jahren mit einem Phänomen zu kämpfen: Die Zeit, die der Nutzer einem einzelnen Medium widmet, nimmt in der fragmentierten Medienlandschaft immer weiter ab. Im Jahr 2007 gaben Unternehmen erstmals mehr Geld für Werbung im Internet als für Radiospots aus. Auf dem Radioday wurde deutlich, dass die Radiosender - wenn auch etwas schleppend - endlich auf diesen Trend reagieren. Mit immer neuen Konzepten versuchen die Radiostrategen gegen den kleiner werdenden Werbekuchen anzukämpfen.
Jörg Howe, Sprecher des Handels- und Touristikkonzerns Arcandor AG, sprach in seiner Keynote darüber, welche Chancen die Digitalisierung dem Radio bietet und welche Herausforderungen sie gleichzeitig stellt. Er habe den Eindruck, dass der Radioalltag noch weitgehend analog ist. „Jedenfalls sind sich fast alle Experten darüber einig, dass der Endgerätemarkt eines der großen - wenn nicht sogar unüberwindbaren Hindernisse - auf dem Weg zur Verbreitung des digitalen Radios ist.“ Dafür werde der Computer zum Radio. Webradios würden wie Pilze aus dem Boden schießen und bedienten ein immer kleineres, spezialisiertes Publikum. „Der Trend zum webbasierten Radio ist aus meiner Sicht schon absehbar.“ Und doch, meint Howe, ist das klassische Radio mit all seinen Werbeformen noch lange nicht am Ende. Denn die Bindung zum Medium Radio und zu einzelnen Sendern sei in Deutschland ganz besonders ausgeprägt. Eine aktuelle Untersuchung hat gezeigt, dass die Deutschen ihr Radio stark bis sehr stark vermissen würden, wenn es auf einmal nicht mehr da wäre.
Auch Eric Markuse, Programmchef der MDRJugendwelle „Sputnik“, scheut die neue Konkurrenz aus dem Web keinesfalls: „Wer guten Content hat, braucht den iPod nicht zu fürchten.“ In einer aufwändig aufbereiteten Multimediashow stellten die drei Programmchefs der ARD-Jugendwellen „Sputnik“, „Fritz“ und „You FM“ in ihren Radiokonzepten vor, wie das Radio der Zukunft klingt und aussieht. „Die neue Medienwelt bedeute für das Radio keinesfalls das Ende.“ Für Markuse ist das Trio aus Radio, Mobile Broadcast/Visual Radio und dem Internet der Verbreitungs-Mix der Zukunft. Dabei sei das Radio, so wie wir es kennen, weiterhin als Kern zu sehen. Doch wie dieses „klassische Radio“ überhaupt zukünftig verbreitet wird, darüber schwiegen sich die drei ARD-Radioleute aus. Vielmehr erläuterten sie detailliert ihre Web- und Mobile Broadcasting-Aktivitäten. „Auf der Plattform MySputnik.de wurden allein im Mai 161.000 Downloads gezählt“, freut sich Markuse. Egal wo die Reise in nächster Zeit hingeht, die Radiobranche wird wohl auf dem Radioday 2009 wieder so ausgelassen und froh gelaunt sein wie alle Jahre zuvor.