Was hat es für Anstrengungen und Geld gekostet, den Zuschauern die neue digitale Fernsehwelt ins Wohnzimmer zu bringen. Doch mit der verbesserten Empfangsqualität könnte es bald vorbei sein.
Grund ist der bevorstehende Aufbau des mobilen Internets durch die Mobilfunkindustrie. Fernsehveranstalter befürchten, dass es durch die Nähe der Mobilfunk- zu den Rundfunkfrequenzen zu Störungen des bestehenden Fernsehempfangs bei DVB-T und DVB-C kommen könnte. Auf Anfrage des Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk warnte der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust: „Der Fernsehschirm zeigt Klötzchen oder verweigert die Wiedergabe vollständig, wenn in der Nähe ein Funkmodem genutzt wird.“ Unabhängige Feldtest-Untersuchungen hätten dies gezeigt.
Dennoch will die Deutsche Telekom AG bis zum Jahresende die ersten 500 LTE-Anlagen im 800 Megahertz-Bereich in Betrieb nehmen. Das Unternehmen sieht dem Nebeneinander von Rundfunk und Mobilfunk sogar gelassen entgegen. „Generell berücksichtigt die Bundesnetzagentur (BNetzA) mögliche Störungen für den Rundfunk mit dem Anmeldeverfahren für die Basisstationen. Dadurch sollte es nicht zu Problemen kommen“, beruhigt ein Pressesprecher der Telekom.
Ganz so problemlos sieht die BNetzA die Lage aber nicht. „Die Mobilfunkunternehmen haben im Bereich 800 MHz die Daten der Rundfunkversorgungen – also Senderstandort- und Versorgungsdaten sowie Planungen zur Rundfunkversorgung – zu beachten“, stellt ihr Präsident Matthias Kurth fest. „Für die Unternehmen gibt es also gerade jetzt im Vorfeld einen stärkeren Koordinierungs- und Abstimmungsbedarf, damit die Zielvorgabe einer störungsfreien Frequenznutzung eingehalten werden kann“, schlussfolgert Kurth.
Ihrer Mitwirkungspflicht will die Deutsche Telekom zumindest im Schadensfall gerecht werden. „Die Mobilfunknetzbetreiber unterstützen die Bundesnetzagentur bei der Entwicklung von technischen Lösungen für die Fälle, in denen es doch zu Beeinträchtigungen kommen könnte“, verspricht der Telekom-Sprecher.
Technikexperten der Fernsehveranstalter mahnen indes, dass Maßnahmen zur Störungsbeseitigung erst nach einer detaillierten Einzelfallbetrachtung entwickelt werden können. „In der Regel sind messtechnische Untersuchungen des Prüf- und Messdienstes der Bundesnetzagentur vor Ort erforderlich“, bestätigt Matthias Kurth. Hierbei werde zunächst Störszenario und -pfad ermittelt. „So ist zu klären, ob beim DVB-T-Empfang die Störung über die Antenne oder durch Direkteinstrahlung in den Empfänger hervorgerufen wird“, erklärt der BNetzA-Chef. Auf dieser Basis könnten geeignete technische Gegenmaßnahmen näher untersucht werden und eine Bewertung der Störung vorgenommen werden. „Beispielsweise kann der Einsatz eines Sperrfilters oder die Erhöhung der räumlichen Entkopplung sinnvoll sein“, erläutert Kurth.
Weil die Probleme erst nach dem LTE-Sendestart – quasi „auf der Strecke“ – gelöst werden sollen, sieht die ARD ein harmonisches Nebeneinander von Mobilfunk- und Rundfunk- Diensten nicht gewährleistet. Deshalb hat sie die BNetzA mit einer Klage aufgefordert, für einen störungsfreien Fernsehempfang zu sorgen – und das noch bevor die LTE-Netze eingeschaltet werden. Doch ARD-Chef Boudgoust erwartet eine Hängepartie. „Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, entzieht sich unserer Kenntnis, wir gehen momentan von einer Verhandlung frühestens Anfang 2011 aus.“
Einen Hoffnungsschimmer gibt es aber. Mittlerweile hat es einen freiwilligen Termin von ARD und ZDF mit den betroffenen drei Mobilfunkunternehmen gegeben, bei dem über mögliche Störungen gesprochen wurde.