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Interview

Weiterer Verlust von Rundfunkfrequenzen nicht ausgeschlossen

Zweite Digitale Dividende möglicherweise bereits 2016 auf der Tagesordnung

Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die Digitale Agenda Quelle: Eu-Kommission 30.11.2010

Meinungsbarometer: Frau Kommissarin Kroes, Sie wollen dafür sorgen, dass bis 2013 ausreichend Funkfrequenzen für drahtlose Breitbanddienste zur Verfügung stehen. Reichen die derzeit dem Mobilfunk zugewiesenen Frequenzen dafür aus, oder muss es eine Digitale Dividende 2 geben?

Neelie Kroes: Im September 2010 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für einen Beschluss über ein Programm für die Funkfrequenzpolitik (Radio Spectrum Policy Programme) präsentiert. Dieser betont die Notwendigkeit, Zulassungsverfahren für Frequenzbänder, die bereits für drahtlose Breitbanddienste vorgesehen sind, abzuschließen. Der Vorschlag hat auch zum Ziel, das 800-Megahertz-Band (790-862 MHz) noch vor Januar 2013 überall in der EU verfügbar zu machen, wobei er mögliche Verzögerungen bis 2015 in begründeten Fällen vorsieht. Insgesamt würde das ermöglichen, ungefähr 1 Gigahertz des Spektrums für drahtlose Breitbanddienste (stationär oder mobil) zu nutzen. Die Kommission hat keinerlei Vorschläge unterbreitet, eine zweite Digitale Dividende auszuweisen. Bevor man dies in Erwägung zieht, müssen wir sicherstellen, dass das Spektrum, das derzeit von der Digitalen Dividende verteilt wird, effektiv genutzt wird und der Frequenzbedarf aller Nutzer weiter bewertet wird.

Derzeit laufen die Vorbereitungen für die nächste internationale Funkverwaltungskonferenz (WRC 2012). Welche Chancen sehen Sie, dort weitere Frequenzen zur Umsetzung Ihres Vorhabens zu bekommen?

Die weitere Identifizierung von Spektrum für drahtlose Breitbanddienste steht nicht auf der Tagesordnung der WRC 2012. Jedoch wird die Konferenz die Tagesordnung für die darauf folgende WRC 2016 bestimmen. Dazu gehört auch, dass Interessenvertreter prüfen, inwieweit weiteres Spektrum für drahtlose Breitbanddienste erforderlich sein könnte, besonders um das Ziel der Digitalen Agenda der Europäischen Union zu erreichen, allen EU-Bürgern vor 2020 eine Internetverbindung von 30 Megabit pro Sekunde zu ermöglichen.

Deutschland hat durch den Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Länder, Kurt Beck, bereits angekündigt, keine weiteren Rundfunkfrequenzen für den Breitbandausbau abgeben zu wollen. Wie wollen Sie ihn und andere Kritiker überzeugen?

Es ist schwierig, heute zu sagen, wie die Multimedia-Landschaft in zehn Jahren aussehen wird oder den Einfluss von zukünftigen technologischen Entwicklungen vorauszusagen. Wir sollten aufgeschlossen bleiben und uns am Verbraucherinteresse und der Marktnachfrage orientieren. Medienkonvergenz und eine steigende Nachfrage nach drahtlosen Breitbanddiensten könnte auch interessante Möglichkeiten für Rundfunkveranstalter eröffnen, ihre Angebote auch auf Breitband-Plattformen zu entwickeln. Deshalb können wir nicht ausschließen, dass sich die Nutzung von Rundfunkspektrum ändert. Aber wir sollten wirtschaftliche, soziale und kulturelle Werte berücksichtigen, wenn wir Entscheidungen über diese wertvolle Ressource treffen. Außerdem bemühen wir uns darum, den effizientesten Gebrauch des verfügbaren Spektrums zu ermöglichen, und dieser Grundsatz sollte für alle Nutzungsarten gelten.

Welche Garantien können Sie Rundfunkveranstaltern und Sekundärnutzern (Anwendern von Drahtlos-Mikrofonen) für den Erhalt der Terrestrik und damit den Bestand ihrer Geschäftsmodelle geben?

In keiner Weise wollen wir durch die Spektrum-Regulierung Verbreitungswege abschneiden. Die Digitale Dividende – die sich aus einem effizienteren Gebrauch des Rundfunkspektrums ergibt – hat zu neuen Möglichkeiten und Kapazitäten sowohl für die Rundfunkals auch für Breitbanddienste geführt. Dies besonders dadurch, dass die vorhandenen analogen TV-Dienste nach dem Übergang zu digital nur noch etwa 20 Prozent des UHF-Spektrums benötigen. Das 800-MHz-Band entspricht auch nur 20 Prozent der freiwerdenden Frequenzen. Das lässt einen wesentlichen Teil der Digitalen Dividende für weitere Entwicklungen offen, beginnend mit der Entwicklung des HD Fernsehens aber auch für andere Nutzungen. In diesem Zusammenhang haben wir die Notwendigkeit erkannt, eine langfristige, nachhaltige Lösung für Rundfunkveranstalter, Nutzer von Drahtlosmikrofonen und andere Programm-und Event-Veranstalter im Radio Spectrum Policy Programme zu finden. Die Arbeit daran startete kürzlich mit einem Workshop, an dem Vertreter dieser Bereiche teilgenommen haben.

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