Die angekündigte Kooperation zwischen WDR und WAZ wirft auch - oder besser: gerade nach ihrer Bekanntgabe eine Vielzahl von unbeantworteten Fragen auf. Zunächst wäre es angesichts der aktuellen Diskussion ein Zeichen ordnungspolitischer Transparenz gewesen, wenn der WDR einmal - in welchem Verfahren auch immer - geklärt hätte, ob diese Kooperation in irgendeiner Form auf den Public Value einzahlt. Immerhin handelt es sich nach Aussage der Intendantin um ein 'fast neues' Projekt - was 'fast neu' in der Welt des Qualitätsjournalismus auch immer bedeuten mag. Offenbar geht aber selbst der WDR von keinem publizistischen Mehrwert aus, sondern versucht, das Projekt unter dem Aspekt „wirtschaftliches Engagement der WDR Mediagroup“ durchzuführen. Dann jedoch müsste die WDR Mediagroup ökonomisch komplett eigenständig organisiert sein. Dank der derzeitigen Informationspolitik dürften aber hieran begründete Zweifel bestehen.
Selbst wenn wir mal annehmen, dass jede Vermarktung zum Stammgeschäft des WDR gehört, bleibt die Frage, ob das neue Angebot tatsächlich den Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht. Immerhin existieren längst ähnliche Angebote im Markt. Das Abspielen bereits versendeter TV-Beiträge im Internet wird den publizistischen Wettbewerb in NRW nicht stärken. Im Gegenteil: Der Einfluss der geplanten Vermarktungskooperation mit gegenseitiger Bewerbung wird sich negativ auf den erst in der Entwicklung begriffenen Markt für Bewegtbildangebote auswirken. Leidtragende sind vor allem lokal und regional in NRW tätige private Unternehmen, aber auch andere Bildagenturen.
Unklar bleibt auch, wie Meinungsvielfalt gesichert werden kann, wenn die größten regionalen Player am Markt schleichend eine Vereinheitlichung des Online-Nachrichtenmarktes im Video- und Audiobereich verursachen, die immerhin die reale Gefahr eines regionalen Darstellungsmonopols in sich birgt.
Neben medienrechtlichen, ordnungspolitischen und wettbewerbsrechtlichen Komponenten wirft die Kooperation übrigens auch vergaberechtlich relevante Fragen auf. Im Ergebnis wird man wohl nicht umhin können, diese Kooperation einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Das würde allerdings voraussetzen, dass sich die Beteiligten grundlegend mit den von der EU geforderten Grundsätzen der Transparenz auseinandersetzen wollen. Fragen der Rechtsgrundlage, des Public Values, des Wettbewerbs- und Vergaberechts gehören dabei ebenso geklärt wie die des Beihilferechts. Es wäre wünschenswert, wenn sich jemand der Beantwortung dieser Fragen annähme. Angesichts der Vereinnahmung der Landesregierung für dieses Projekt wird die Auswahl dessen, der das übernehmen könnte, übersichtlich sein.