Immer neue Daten-Auswertungs-Tools drängen auf den Markt. Inwieweit können Anwender künftig professionelle Datenanalysen ohne externe Marktforscher erledigen?
Das konnten sie schon immer oder zumindest schon seit sehr langem. Die Frage ist ja, warum sie das tun sollten, also im Grunde die Entscheidung zwischen „Eigenfertigung“ und „Fremdbezug“. Feldarbeit, ob telefonisch, face-to-face oder online, kann man schon seit langem kaufen, Auswertungs- und Tabellierungstools gibt es auch schon ewig und auch die Umfrageprogrammierung ist kein Hexenwerk. Die Frage ist doch, ob sich Unternehmen einerseits hier eigene Kapazitäten aufbauen und Fixkosten generieren wollen und ob das dann andererseits wirklich günstiger und vor allem besser ist. Eigenständige Marktforschungsinstitute haben viel mehr Erfahrung, schauen über den Tellerrand der einen Kundenbranche und erbringen unabhängige Beratungsleistungen, als das interne Marktforscher je tun könnten. Aber klar, wer nur mal eben 3 bis 5 geschlossene Fragen stellen will, der kann das schnell selbst tun. Hier kann das Marktforschungsinstitut kaum Mehrwert liefern und hat in diesem Sinne bei diesen „Quick & Dirty“-Schnellschüssen auch keine Existenzberechtigung.
Welche Chancen ergeben sich für Marktfortscher im Gegenzug daraus, dass immer mehr Prozesse auf der Verarbeitung von Daten basieren?
Marktforscher haben sicher und seit langem eine spezifische Datenkompetenz, wie sie in den wenigsten Unternehmen vorliegt. Dies betrifft technische und analytische Aspekte, vor allem aber auch die Interpretationskompetenz. Und Marktforscher haben eben nicht nur die automatisch anfallenden BIG DATA im Kopf, sondern wissen auch, an welcher Stelle diese intelligent mit Befragungsdaten verknüpft werden können, um zusätzliche Erkenntnisse in der Tiefe oder bezüglich der Ergebnisdifferenzierung zu gewinnen. Sie erkennen ferner, an welchen Stellen Ergebnisse aus Massendaten gezielt um Befragungen – qualitativ oder quantitativ – zu ergänzen sind, um wirkliche Insights zu erhalten.
Daten gelten als das Gold der Digitalisierung. Rechnen Sie mit einer Verteuerung dieses „Rohstoffes“?
Nein, nicht wirklich. Natürlich gibt es Ansätze und Überlegungen, der Verbraucher könnte seine Daten nur noch gegen Entgelt zur Verfügung stellen. Aber hier sind einerseits die Möglichkeiten doch sehr begrenzt, andererseits gibt es so viele Daten, die stets kostenlos zur Verfügung stehen werden, etwa CRM- oder Transaktions- oder Social Media Daten. Diese fallen einfach an.
Viele digitale Daten lassen sich auf den Nutzer zurückverfolgen. Wie lässt sich die Anonymisierung in der Marktforschung künftig sicherstellen?
Dazu muss man die Welt nicht neu erfinden. Geltendes Datenschutzrecht und vor allem die Selbstregulierung der Branche sind hier Schutz genug. Man braucht ja nur den Personenbezug im Datensatz, den man für Marktforschungszwecke auswerten möchte, zu löschen. Das ist keine Zauberei. Schwieriger ist es dann schon eher, dem Eigentümer der Daten glaubwürdig zu versichern, dass man lediglich anonym auswertet und nicht nur kein Interesse daran hat, den Datenursprung zu kennen, sondern den Rückbezug auch tatsächlich nicht vollziehen kann. Aber das „Problem“ hat man etwa auch bei telefonischen Befragungen. Auch hier kann man gar nicht oft genug sagen, dass die Marktforschungsumfrage anonym durchgeführt wird und sich garantiert kein Verkauf an die Erhebung anschließt.