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Interview

Trotz Millionenspritze vom Bund

Warum Baden-Württemberg beim Breitbandausbau weiter abwarten will

Dr. Nils Schmid (SPD), Stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg Quelle: Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg Alexander Hiller Redakteur Meinungsbarometer.info 30.07.2015

Auch wenn die Bundesregierung den Ländern jetzt knapp 630 Millionen Euro aus den Erlösen der Digitalen Dividende für den Breitbandausbau ausgeschüttet hat, kommt der Ausbau des schnellen Internets nicht voran. So will Baden-Württemberg erstmal weiter abwarten.







Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt verteilt 630 Millionen an die Länder für den Breitband-Ausbau. Reicht das Geld?
Nach aktuellsten Angaben des BMVI beträgt der Länderanteil aus der Versteigerung der Rundfunkfrequenzen 626,05 Millionen Euro. Baden-Württemberg erhält davon 80,53 Millionen Euro für den Breitbandausbau. Mit den Mitteln wird die Breitbandinitiative II des Landes verstärkt, gefördert wird der Ausbau kommunaler Hochgeschwindigkeitsnetze. Ziel der Breitbandinitiative Baden-Württemberg II ist es, die Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte, flächendeckende und erschwingliche Breitbandversorgung mit einer Übertragungsrate von möglichst 50Mbit/s zu schaffen. Daneben legt das BMVI ein Bundesprogramm zur Breitbandförderung auf, dessen konkrete Umsetzung sich allerdings bedauerlicherweise sehr verzögert.

Für eine flächendeckende Versorgung mit einer Übertragungsrate von mindestens 50 Mbit/s - das ist das Breitbandziel von Bund und Ländern bis 2018 - werden die bis jetzt zur Verfügung stehenden Fördermittel von Bund und Land alleine nicht ausreichen. Ausschlaggebend werden letztlich die Netz-Investitionen von Unternehmen in Milliardenhöhe sein. Wir brauchen eine innovations- und investitionsfreundliche Regulierung, dafür setzen wir uns ein.

Wie sieht es derzeit mit der Breitband-Versorgung in Ihrem Bundesland aus?
Baden-Württemberg ist im bundesweiten Vergleich weit vorne dabei: Der Breitbandatlas des Bundes belegt das. Seit 2013 gibt es eine Grundversorgung von 2 Mbit/s im Download. Für 69,9 Prozente der Haushalte im Land ist ein Internetzugang mit einer Übertragungsrate von mindestens 50 Mbit/s verfügbar, das sind knapp 5 Prozent mehr als in Bayern und damit liegen wir auch deutlich über dem Bundesdurchschnitt.

Probleme gibt es oft in Gebieten, in denen sich der Breitband-Ausbau allein wirtschaftlich nicht lohnt. Wann ist mit einer flächendeckenden Versorgung zu rechnen?
Eine Grundversorgung ist praktisch hergestellt, Verbesserungen in der Breitbandversorgung gab es in den letzten Jahren vor allem im Bereich der unteren und mittleren Bandbreiten. Im Hochgeschwindigkeitsbereich (>50 Mbit/s) profitiert Baden-Württemberg vor allem von der sehr guten Kabelinfrastruktur von Kabel BW (Unitymedia). Für 69,9 Prozent der Haushalte sind daher Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s schon länger verfügbar. Wie schnell der Hochgeschwindigkeitsnetzausbau in den nächsten Jahren in Baden-Württemberg vorankommt und zu einem flächendeckend verfügbaren Angebot wird, hängt davon ab, ob Minister Dobrindt schnell ein mit den Ländern abgestimmtes Förderprogramm auflegt.

Nach Medienberichten plant die CDU einen Rechtsanspruch auf schnelles Internet einzuführen. Wie stehen Sie zu dem Vorhaben?
Es besteht ein breiter Konsens, dass wir möglichst schnell eine flächendeckende funk- und festnetzbasierte Breitbandinfrastruktur brauchen. Die Forderung der CDU klingt erst einmal verlockend, allerdings lässt die Union völlig offen, wie das im Detail aussehen soll. Wenn dahinter die Forderung nach einem Universaldienst im hochbreitbandigen Bereich steht, dann stünde der Staat womöglich auch in der Finanzierungspflicht. Das würde sehr teuer werden. Auch das zuständige - von der Schwesterpartei CSU geführte - Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hält eine gesetzliche Verpflichtung zum Ausbau des schnellen Internets für nicht umsetzbar und sieht Probleme im Zusammenhang mit europarechtlichen Vorgaben für den Universaldienst und die Technologieneutralität. Aus meiner Sicht könnte ein Breitband-Universaldienst auch keine sofortige Wirkung entfalten. Selbst wenn bereits heute damit begonnen würde, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, würde die Implementierung einschließlich der Ausgestaltung der Finanzierung, der Feststellung des Bedarfs, der Ausschreibung und schließlich des Ausbaus mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen. Mit Bekanntgabe dieser Maßnahme wäre gleichzeitig damit rechnen, dass die Unternehmen ihre Ausbaupläne zurückstellen und abwarten, welche Konsequenzen diese Universaldienstverpflichtung mit sich bringen würden. In Folge würden die privatwirtschaftlichen Investitionen und Initiativen deutlich geringer ausfallen und auch bereits getätigte Investitionen möglicherweise entwertet werden.

Die Forderung der CDU hat mit einer realistisch kalkulierten Planung und Umsetzung wenig zu tun. Dort, wo ein Ausbau hochleistungsfähiger Breitbandnetze ausbleibt, weil er wirtschaftlich unrentabel ist, sind intelligente Fördermaßnahmen, die möglichst viel privates Kapital mobilisieren, in jedem Fall effektiver und kostengünstiger als ein planwirtschaftlicher Ausbau im Rahmen eines Universaldienstkonzepts.

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