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Technologie hat inhalte-strategische Entwicklungen überholt

Wohin es mit dem E-Book geht

Vedat Demirdöven, Veranstalter des Deutschen eBook Awards, Experte für digitale Verlagsprozesse Quelle: Raimund Verspohl Vedat Demirdöven Veranstalter Deutscher eBook Award 20.02.2018
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Das Endgerät Smartphone/iPad/Tablet ist Dreh- und Angelpunkt unserer täglichen Mediennutzung", konstatiert E-Book-Experte Vedat Demirdöven. Der Veranstalter des Deutschen eBook Awards kennt erfolgreiche Beispiel auf dem immer noch lahmenden Markt. Und kennt Gründe, warum innovative Formate es nicht leicht haben.







Auf der Leipziger Buchmesse werden auch in diesem Jahr wieder eine ganze Reihe interaktiver E-Books vorgestellt. Inwieweit sind interaktive E-Books nun dabei, die Nische zu verlassen?
Gegenfrage: was ist Interaktivität? Nach meiner Definition idealerweise mehr als Buttons, GIFs, Hyperlinks und Java Scriptings, die Zusatzmaterial für den Text bedeuten, auch, wenn diese enhancend eBooks natürlich schon eine Steigerungsstufe der 1:1 umgewandelten „eBooks der ersten Generation“ darstellen. Interaktivität bedeutet, dass man sich während der Nutzungssituation aktiv einbringen kann. Findet dies sogar bei Internetkonnektivität statt, fließen Daten, die den Verlagen wichtige Informationen über den Nutzer geben. 

Interaktive eBooks und Apps, die in der „whenever, wherever, whyever always on“ – Nutzungssituation, die inzwischen die Regel ist, eine Rolle spielen, haben Aussicht auf Erfolg. Es gibt vielversprechende Piloten wie z.B. „The message“ von Tibor Rode. Wir haben gerade die Situation, dass technologische Möglichkeiten wie AR und VR die redaktionellen, inhalte-strategischen Entwicklungen schon überholt haben – hier kann man gespannt sein, wie es z.B. bei Cornelsen weitergeht, wo das Innovationsmanagement genau an der Stelle die Zielgruppe „Schüler/Lehrer“ mit Unterrichtsmaterial unterstützt.

Könnten zunehmende interaktive Elemente den im E-Book vergleichsweise schwachen Segmenten Sach- und Kinderbuch zu (digitalem) Wachstum verhelfen?
Ganz klares Ja. Das Endgerät Smartphone/iPad/Tablet ist Dreh- und Angelpunkt unserer täglichen Mediennutzung – und das auch schon im Kinderzimmer. Wenn man die jungen Zielgruppen erreichen möchte, muss man hierauf aufsetzen. Carlsen hat z.B. die Traditionsmarke Pixi als App sehr erfolgreich ins Digital-Interaktive verlängert.

Im Schul- und Bildungsbereich ist die Webanwendung „mBook“ vom Institut für Digitales Lernen (zweifach mit dem Deutschen eBook Award ausgezeichnet) ein gutes Beispiel für die Entwicklung eines digitalen multimedialen Schulbuchs.

E-Book-Reader sind für das Lesen von Texten optimiert – wie sollten die Geräte für mehr Interaktivität beschaffen sein?
Ein guter Ansatz zeigt sich beim sog. W3C-Konsortium – einem Industrie-Konsortium, das sich seit Anfang der 2000er-Jahre um die Weiterentwicklung von Web-Standards wie HTML, CSS, XML und Javascript kümmert. Der Zusammenschluss soll die technische Entwicklung von eBooks näher mit der des Web verzahnen und neue Möglichkeiten des digitalen Publizierens erschließen.

E-Book-Reader im Sinne eines reinen Lesegerätes können aber auch an anderer Stelle aufgrund ihrer eingeschränkten Funktionalität problematisch sein – nämlich beim Thema Barrierefreiheit, das in 2018 mit Blick auf die Umsetzung des Marrakesch-Abkommens (eine europäische Richtlinie, nach der Bücher und Zeitschriften ohne ausdrückliche Genehmigung des Rechteinhabers barrierefrei aufzubereiten und blinden, seh- und lesebehinderten Menschen zugänglich zu machen sind) Fahrt aufnehmen wird. Der klassische eReader wird somit in Zukunft zwar als leichtes Gepäck für die Strandliege eine gewisse Berechtigung behalten - aber am Ende ist er ein zweites Endgerät.

Im internationalen Vergleich gibt es in Deutschland nur wenige reine interaktive Spiel- oder Rätsel-Titel für E-Reader. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
In einer Situation, in der ein disruptiver Wandel aller bekannter Rahmenbedingungen Unternehmen zu einer Reaktion zwingt, ist ein naheliegender Reflex, das Bekannte so lange wie möglich erfolgreich weiterzuführen und alles Neue erst einmal interessiert zu beobachten. Und auch aus wirtschaftlichen Erwägungen steht man dem „Trial and Error“ neuer Ideen gerade in der Verlagsbranche eher zögerlich gegenüber. Aber auch die Probleme, die etablierte TV-Veranstalter, öffentlich-rechtlich wie privat, mit Netflix, Amazon Prime und Co haben, zeigen: belohnt wird der, der sich 100% am Nutzer und seinen Wünschen orientiert oder es sogar schafft, neue Trends zu setzen. Thema Spiele: hier in Köln kann man z.B. das Verkehrschaos anlässlich der Gamescom nicht mögen – aber die Besucherzahlen zu ignorieren, muss sich dann auch leisten können.

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