Wenn sich Goliath und David zusammentun und nicht wie üblicherweise miteinander ringen, dann scheint eine spannende Geschichte dahinter zu stecken. Die Protagonisten sind aktuell der weltweit operierende Streamingdienstleister Spotify, der gigantische 20 Millionen Musiktitel in seinem Archiv hat, und das kleine, aber innovative Jugendradio bigFM. Gemeinsam haben die Konkurrenten auf der Suche nach neuen Vermarktungsstrategien eine Partnerschaft aufgesetzt, die nach Aussagen des Managing Director Germany bei Spotify, Stefan Zilch, und Aleksandar Rustemovski, Leiter New Business und Innovationsentwicklung bei bigFM, für beide Seiten eine Win-win-Situation darstellt. Kernpunkt der Zusammenarbeit ist eigentlich ein ganz klassisches Modell: Hitparaden! Spotify liefert dafür die Daten zu den Streaming-Favoriten in verschiedenen Regionen. Daraus ergeben sich Hitlisten, die den Radiohörern bei bigFM dann regional differenziert präsentiert werden.
Befürwortet wird die Partnerschaft auch von Florian Ruckert, Vorsitzender der Geschäftsführung bei RMS, einem der wichtigsten Audiovermarkter des Landes. Wie Ruckert dem Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk sagte, „ist es positiv, wenn die Musikpräferenzen von Radiohörern auch über neue Angebote wie Spotify ermittelt werden“. Schließlich sei es den Werbungtreibenden damit erstmals möglich, diese privaten Musiksammlungen der Konsumenten mit Werbung zu belegen. „Denn zusätzlich zur Massenansprache müssen Werbungtreibende auch immer stärker die Nachfrage nach individueller Konsumentenansprache (One-to-One) bedienen“, so Ruckert. Nach Aussagen des Vermarkters liefert gerade das Thema „Online Audio“ durch zahlreiche neue Angebote und über die Vielzahl neuer digitaler Endgeräte hervorragende Kontaktchancen zu attraktiven Zielgruppen.
Trotz der hervorragenden Erfolgsaussichten solcher Kooperationen mahnen Medienhüter wie Dr. Jürgen Brautmeier, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Medienanstalten (DLM) und Direktor der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) an, die regulatorischen Anforderungen zwischen reinen Internetdienstleistern und den klassischen Radioveranstaltern anzugleichen, die viel stärker reguliert sind. Nach Aussagen Brautmeiers im Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk plädieren die Medienanstalten schon seit einiger Zeit stark dafür, dass die Ungleichbehandlung zwischen Medien im Netz und „klassischen“ Anbietern wie Radio und TV aufhört. Nach Ansicht Brautmeiers ist dafür aber eine neue Medienordnung nötig, die das digitale Zeitalter abbildet, und die nicht, so wie es bislang mit den Rundfunkstaatsverträgen der Fall ist, das analoge im Blick hat. Zudem fordert der Vorsitzende der DLM, dass es bei der Aufsicht über die Telemedien zu einer Vereinheitlichung in der Aufsicht kommt. Gerade bei der Frage der Kennzeichnung von Werbung in Internet sollten nach Ansicht Brautmeiers die Medienanstalten bundesweit einheitlich die Aufsicht übernehmen, so wie sie es seit Jahren erfolgreich beim traditionellen Rundfunk tun.
In Bezug auf die Kooperation von Spotify mit bigFM sieht der Managing Director Germany bei Spotify, Stefan Zilch, künftig dennoch keine regulatorischen Fallstricke auf sich zukommen. „Schließlich sind wir weder einem klassischen Radiosender noch einem Webradio zuzuordnen und unterliegen damit nicht den regulatorischen Auflagen der Radioanbieter, weshalb wir auch abweichende Vergütungsgrundlagen mit der Musikindustrie bezüglich Masterrechten und GEMA besitzen.