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Schnell, verkürzend und konfrontativ

Wie soziale Medien nachhaltige Politik gefährden

Dr. Dietmar Halper, Direktor der Politischen Akademie der ÖVP Quelle: Politische Akademie der ÖVP Dr. Dietmar Halper Direktor Politische Akademie der ÖVP 09.01.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Das „Archiv“ ist das Internet, es vergisst nicht, wächst jeden Tag und es ist von jedermann bedienbar", sagt Dr. Dietmar Halper, Direktor der Politischen Akademie der ÖVP. Insofern seien Prüfstand und Messlatte für Politikerinnen und Politiker anspruchsvoller geworden.







Jeder Spruch, jede Verfehlung wird im Internet für große Zeiträume gespeichert. Wie verändern sich dadurch die Anforderungen an Politiker?
Die digitale Revolution hat auch die politische Kommunikation verändert. Das Zitat „Die Rache der Journalisten an den Politikern ist das Archiv“ ist heute in dieser Form überholt. Das „Archiv“ ist das Internet, es vergisst nicht, wächst jeden Tag und es ist von jedermann bedienbar. Insofern sind Prüfstand und Messlatte für Politikerinnen und Politiker anspruchsvoller geworden.

Für die Politik ist Kommunikation durch das Internet unmittelbarer, direkter und letztlich auch billiger geworden. Wir können jetzt zeitnah und auf Augenhöhe mit der Wählerin / dem Wähler kommunizieren. Für den einzelnen Politiker und seine Stäbe bedeutet das natürlich auch Mehrarbeit in mehreren Bereichen. Und es bedarf einer langfristigen Strategie: Welche Zielgruppen werden über welche Kanäle in welcher Frequenz mit welchen Themen „bespielt“.

Twittern zu jedem Anlass – Politiker müssen immer schneller auf Ereignisse reagieren. Wie wirken sich Geschwindigkeit und Verkürzung auf die Politik aus?
Der Sonderfall Twitter ist – in allen positiv und negativ bemerkenswerten Facetten - schön am Beispiel des US-Präsidenten Trump zu sehen. Relevante Kommunikation in sozialen Medien ist meist schnell, verkürzend und konfrontativ. Nachhaltige Politik im Sinn von good governance ist das Gegenteil davon. Darin manifestiert sich die schwierige Rolle von Politik in Social Media.

Ganz allgemein erscheint es mir im Bereich Politik - Social Media wichtig, nicht jeden Tag einen Aufreger zu produzieren und eine „neue Sau durchs virtuelle Dorf“ zu treiben, sondern die Sozialen Medien so einzusetzen, dass sie den Dialog mit dem Wähler erleichtern: Informieren, einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren und vielleicht auch persönliche Soft News und Geschichten zu spielen. Reine Fakten sind nicht der Kanal für Soziale Medien. Hier gilt es, einen goldenen Mittelweg zwischen Unterhaltung und Information zu finden.

Oft werden (soziale) Medien auch direkt aus Sitzungen, Verhandlungen oder Konferenzen bedient. Was bedeutet das für die Arbeit von Politikern?
Für Parteien – sie sind unabdingbar für unser System der repräsentativen Demokratie! - gilt in der Ära der Digitalen Medien das gleiche wie auch schon vorher: Um glaubwürdig zu sein ist es entscheidend, in wichtigen Fragen mit einer Stimme zu sprechen. Dass das nicht allen leicht fällt, ist klar. Ich halte trotzdem nichts von der unkontrollierten Weitergabe von Zwischenergebnissen. Aber auch deshalb ist das professionelle Zusammenspiel von Pressearbeit und Social Media Teams so wichtig. Beide Abteilungen müssen koordiniert arbeiten und agieren.

Im mangelhaften Umgang mit Gerüchten und falschen Informationen – Stichwort Fake News – sehen wir auch das größte Gefahrenpotenzial der Neuen Medien für die Demokratie. Auch für Stories in den Sozialen Medien sollten journalistische Standards gelten: Check, Re-Check und Double-Check ist eine gute Arbeitstechnik, um nicht vorschnell falsche Informationen zu verbreiten. Hier tragen Medien, aber auch deren Verbreiter, Verantwortung.

In sozialen Medien können Politiker mit Wählern in Kontakt treten, direkte Zustimmung oder Ablehnung erleben. Ist das ein Vorteil für die Arbeit von Politiker oder nur zusätzliche Belastung?
Ich kann hier nur für meine Partei sprechen: Für uns als Volkspartei war und ist der „direkte Draht“ zum Wähler ein wichtiges Kriterium. Das funktioniert am besten auf Gemeindeebene, wo der Kontakt auf einer sehr persönlichen Ebene stattfindet. Diesen direkten Kontakt mit dem Wähler suchen wir auch „im Internet“. Hier ist es wichtig – egal ob es sich um E-Mail Anfragen oder Kommentare auf Facebook handelt, zeitnah jede einzelne seriöse Frage zu beantworten. Das ist zweifellos ein hoher Anspruch und arbeitsintensiv, aber unsere Politik steht und fällt mit dem direkten Wähleraustausch. Dass die sozialen Medien die Kommunikation zwischen Bevölkerung und Politik niederschwelliger gemacht haben, ist eine positive Entwicklung für die Demokratie.

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