Menue-Button
← FACHDEBATTE Interview

Samples müssen weiter im Einzelfall geprüft werden

Wie der Verband unabhängiger Musikunternehmen das BVerfG-Urteil bewertet

Reinher Karl, Justiziar beim Verband unabhängiger Musikunternehmen e.V. Quelle: Verband unabhängiger Musikunternehmen e.V. Reinher Karl Justiziar Verband unabhängiger Musikunternehmen e.V. 18.07.2016
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
ZUR FACHDEBATTE

Die Auswirkungen der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes auf den Umgang mit Samples in der Musikbranche werden nach Einschätzung von Reinher Karl, Justiziar beim Verband unabhängiger Musikunternehmen e.V., äußerst gering sein. Denn nun muss sich erneut der Bundesgerichtshof mit der Sache befassen. "Bis zu dieser Entscheidung werden viele weitere Jahre ins Land ziehen."







Bundesverfassungsgericht hat die Verwendung eines Samples von einem älteren Titel in einem neuen Popsong für rechtens erklärt. Wie bewerten Sie das Urteil?
Das Urteil ist gut begründet und im Ergebnis wenig überraschend. Seine Auswirkungen auf den Umgang mit Samples in der Musikbranche werden äußerst gering sein.

Der behandelte Fall betrifft ein sehr kurzes Sample. Welche Grenzen wird die Verwendung fremder Tonaufnahmen für neue Werke künftig haben? (Bzw.: Welche Grenzen sollte sie sinnvollerweise haben?)
Auch künftig bleibt es wie bisher eine Frage des Einzelfalls. Das betrifft auch kurze Samples, denn bei der Entscheidung, ob originäre Tonträgerherstellerrechte bei der Verwendung von Samples betroffen sind, muss grundsätzlich eine Gesamtabwägung vorgenommen werden. Eine simple Unterscheidung nach dem Kriterium der Länge scheidet daher aus. Einer einfachen Lösung wie der vom Bundesgerichtshof, die auf das Kriterium der Nachspielbarkeit abstellte, hat das Bundesverfassungsgericht gerade eine Absage erteilt.

Die Richter weisen in ihrem Urteil darauf hinwiesen, dass der Gesetzgeber eine Bezahlpflicht für Samples einführen könnte. Wie stehen Sie dazu?
Wer Samples in neuen Produktionen verwenden möchte, der muss die Verwendung in der Regel lizenzieren und selbstverständlich die Nutzung vergüten. Im Wesentlichen hat sich daran nichts geändert. Der Fingerzeig des Bundesverfassungsgerichts geht vielmehr dahin, ob es nicht sinnvoller wäre, generell Sampling nicht weiter von der Zustimmung des Tonträgerherstellers abhängig zu machen, dafür im Gegenzug grundsätzlich einen Vergütungsanspruch für jede Art von Samples einzuführen. Damit wäre das Problem, in jedem Einzelfall abwägen zu müssen, elegant gelöst. In der Konsequenz würde man den Vergütungsanspruch durch eine Verwertungsgesellschaft wahrnehmen lassen. Dieses Modell ist nicht neu. Wer in Fernsehsendungen Hintergrundmusik verwenden möchte, dem ist das grundsätzlich gestattet und er braucht den Tonträgerhersteller nicht um Erlaubnis fragen. Diese Rechte werden gegen Vergütung von der Verwertungsgesellschaft GVL vergeben. Eine der umstrittensten Fragen im Zusammenhang mit Urheberrecht ist, ob es zukünftig mehr in Richtung kollektiver Wahrnehmung von Rechten über Verwertungsgesellschaften oder aber in Richtung individueller Rechtewahrnehmung durch die Rechteinhaber selbst gehen soll.

In der Abwägung hat das Verfassungsgericht die Kunstfreiheit über das Eigentumsrecht der ursprünglichen Urheber gestellt. Was bedeutet das für andere Bereiche der Kultur und Kunst?
Das Bundesverfassungsgericht hat die Kunstfreiheit in seiner Abwägung nicht über das Eigentumsrecht gestellt. Es hat lediglich festgestellt, dass der Bundesgerichtshof die erforderliche Interessenabwägung zwischen den beiden Rechten unzureichend vorgenommen hat, zulasten der Kunstfreiheit. Es ist zu erwarten, dass der Bundesgerichtshof einige Vorfragen in dem Zusammenhang dem Europäischen Gerichtshof vorlegen wird und nachdem diese geklärt sind, muss er nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs die Sache ein drittes Mal entscheiden. Bis zu dieser Entscheidung werden viele weitere Jahre ins Land ziehen.

UNSER NEWSLETTER

Newsletter bestellen JETZT BESTELLEN

■■■ WEITERE BEITRÄGE DIESER FACHDEBATTE

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Dr. Johannes Müske
Bitte auswählen
Universität Zürich

Dr. Johannes Müske, Universität Zürich, Institut für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft
Produktion | Klang und Design

Kulturwissenschaftler begrüßt ■ ■ ■

Wie Samplen in unser Wertesystem passt

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Dr. Johannes Müske
Bitte auswählen
Universität Zürich

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Michael Ende
Referent
Verband für christliche Popularmusik

Michael Ende, Referent im Verband für christliche Popularmusik in Bayern e.V., Musiker, Produzent und Lehrbeauftragter für elektronische Musik an der Hochschule Ansbach
Produktion | Klang und Design

Chartmusiker: Sampling ist eine ■ ■ ■

Warum feste Gebühren und Diskussionen darüber, ■ ■ ■

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Michael Ende
Referent
Verband für christliche Popularmusik

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Udo Starkens
Generalmanager
Verband Deutscher Musikschaffender

Udo Starkens, Generalmanager Verband Deutscher Musikschaffender (VDMplus)
Produktion | Home Entertainment

Kopierverbot für Samples sollte bleiben

Warum der VDM-Generalmanager nicht in der Haut ■ ■ ■

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Udo Starkens
Generalmanager
Verband Deutscher Musikschaffender

ZUR FACHDEBATTE

ÜBER UNSERE FACHDEBATTEN

Meinungsbarometer.info ist die Plattform für Fachdebatten in der digitalen Welt. Unsere Fachdebatten vernetzen Meinungen, Wissen & Köpfe und richten sich an Entscheider auf allen Fach- und Führungsebenen. Unsere Fachdebatten vereinen die hellsten Köpfe, die sich in herausragender Weise mit den drängendsten Fragen unserer Zeit auseinandersetzen.

überparteilich, branchenübergreifend, interdisziplinär

Unsere Fachdebatten fördern Wissensaustausch, Meinungsbildung sowie Entscheidungsfindung in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft. Sie stehen für neue Erkenntnisse aus unterschiedlichen Perspektiven. Mit unseren Fachdebatten wollen wir den respektvollen Austausch von Argumenten auf Augenhöhe ermöglichen - faktenbasiert, in gegenseitiger Wertschätzung und ohne Ausklammerung kontroverser Meinungen.

kompetent, konstruktiv, reichweitenstark

Bei uns debattieren Spitzenpolitiker aus ganz Europa, Führungskräfte der Wirtschaft, namhafte Wissenschaftler, Top-Entscheider der Medienbranche, Vordenker aus allen gesellschaftlichen Bereichen sowie internationale und nationale Fachjournalisten. Wir haben bereits mehr als 600 Fachdebatten mit über 20 Millionen Teilnahmen online abgewickelt.

nachhaltig und budgetschonend

Mit unseren Fachdebatten setzen wir auf Nachhaltigkeit. Unsere Fachdebatten schonen nicht nur Umwelt und Klima, sondern auch das eigene Budget. Sie helfen, aufwendige Veranstaltungen und überflüssige Geschäftsreisen zu reduzieren – und trotzdem die angestrebten Kommunikationsziele zu erreichen.

mehr als nur ein Tweet

Unsere Fachdebatten sind mehr als nur ein flüchtiger Tweet, ein oberflächlicher Post oder ein eifriger Klick auf den Gefällt-mir-Button. Im Zeitalter von X (ehemals Twitter), Facebook & Co. und der zunehmenden Verkürzung, Verkümmerung und Verrohung von Sprache wollen wir ein Zeichen setzen für die Entwicklung einer neuen Debattenkultur im Internet. Wir wollen das gesamte Potential von Sprache nutzen, verständlich und respektvoll miteinander zu kommunizieren.