Die Pläne des neuen Bundesministers für digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt (CSU), die von ihm ausgerufene „Netzallianz Digitales Deutschland“ auch mit den Einnahmen künftiger Frequenzversteigerungen voranzutreiben, stoßen derzeit auf ein geteiltes Echo in der Branche.
Michael Moskob, Leiter Regulierung und Public Affairs bei Media Broadcast, begrüßte zwar in einer Stellungnahme im Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk den Breitbandausbau in Deutschland und damit auch dieNetzallianz des Bundesministers für digitale Infrastruktur. Jedoch bestünde nach Ansicht Moskobs die kurz- und mittelfristige Herausforderungdarin, die legitimen Interessen der Breitband- als auch der Rundfunkbranche in Einklang zu bringen. Dies entspräche, so Moskob weiter, auch dem Koalitionsvertrag, der zum einen darauf abzielt, die Breitbandversorgung gerade im ländlichen Raum zu verbessern, zum anderen aber den Erhalt der für den beschlossenen Umstieg auf DVB-T2 notwendigen Voraussetzungen fordert.Für die Media Broadcast ist eine dieser zwingenden Voraussetzungen die uneingeschränkte Nutzung des sogenannten 700 MHz-Bandes bis zum Abschluss der technischen Migration zu DVB-T2.
Unabhängig von Dobrindts Plänen fordert Dr. Ulrich Liebenow, Vorstandsmitglied und Leiter der AG Infrastruktur der Deutschen TVPlattform, eine intelligente Kombination von modernen Rundfunk- und Mobilfunknetzen, um die Zukunft der Terrestrik zu sichern. Zumal nach Einschätzung von Brancheninsidern zu denen auch die Drahtlosbranche gehört, seitens der Mobilfunkbranche in den nächsten Jahren kein tatsächlicher Bedarf und keine Investitionsbereitschaft für das 700 MHz-Band besteht. Nach Ansicht des Präsidenten der Association of Professional Wireless Production Technologies e.V. (APWPT), Matthias Fehr, sind die bisher bekannten Pläne zur Versteigerung von Funkspektren der Bundesregierung eher als theoretisches Konstrukt geeignet. Offen bleibt derzeit nach Ansicht Fehrs, ob es sich bei der angekündigten Versteigerung um die auslaufenden Mobilfunkgenehmigungen, z.B. im 900 MHz-Mobilfunkbereich, die 700 MHz-Rundfunkfrequenzen oder um beide Frequenzbereiche handelt.
Zudem hatte sich nach Aussagen Fehrs der Bundesrat in den letzten Jahren mehrfach und nachdrücklich gegen eine 700 MHz-Versteigerung ausgesprochen. Weiterhin habe sich die Länderkammer vehement dafür eingesetzt, dass vor jeder Änderung auch die Mikrofonfrequenznutzung zu sichern ist. „Demnach besteht aus unserer Sicht überhaupt kein Spielraum für eine Frequenzversteigerung vor einer nationalen Einigung und notwendigen Anpassungen, die mindestens bis 2021 dauern dürften“, so Fehr abschließend. Die große Befürchtung der APWPT ist, dass die Bundesregierung jetzt ohne ausreichende Erfahrung über die langfristige und intensiveFrequenznutzung im Rundfunkfrequenzbereich dem in Frankreich favorisiertemModell folgen könnte. Dort soll eine 700 MHz-Versteigerung vordergründig dazu dienen, schnell Geld in die Staatskassen zu spülen. Eine erneute Diskussion der aktuellen UHFTV-Frequenznutzung würde nach Aussagen des APWPT Präsidenten dazu führen, dass in der Branche der Drahtlosnutzer, wie seit Jahren, weiter keine Planungssicherheit bestünde. „Vielmehr laufen wir Gefahr, dass nach einer Art Salamitaktik auch irgendwann nicht mehr ausreichend und hochqualitative Frequenzen für die Produktionsteams des Rundfunks und das überaus erfolgreiche Kreativsegment Deutschlands zur Verfügungstehen.“ Fehr hofft deshalb, dass die Bundesregierung ihr wiederholt formuliertes Bekenntnis zu Ausbildung, Kunst, Kultur, Kreativindustrie und Meinungsfreiheit unmissverständlich auf die bestehende und wachsende Nutzung von Funkfrequenzen ausweitet. Nicht zuletzt deshalb setzt Matthias Fehr auf einen fairen nationalen Konsens aller Beteiligten unter Aufsicht der Politik.