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Reguläre Kino-Einsätze weiter nur bei exklusiver Auswertung

Welche Inhalte wie bei Cineplex gehen

Kim Ludolf Koch, Geschäftsführer Cineplex Deutschland GmbH & Co. KG Quelle: Cineplex Deutschland Kim Ludolf Koch Geschäftsführer Cineplex Deutschland 16.10.2017
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Der so genannte Alternative Content befindet sich noch in den Kinderschuhen", sagt Cineplex-Deutschland-Chef Kim Ludolf Koch. In seinen Häusern gibt es eine ganze Reihe von Experimenten. In Sachen Produktionen von Streaminganbietern gilt eine klare Linie.







Jüngst das deutsche TV-Duell zur Wahl auf der Leinwand, große Konzert- und Opern-Highlights weltweit gleichzeitig live– welche Formate eignen sich abgesehen vom klassischen Kinofilm für die große Leinwand?
Der sogenannte Alternative Content befindet sich noch in den Kinderschuhen. Letztlich eignet sich die große Leinwand für alles, was projiziert oder gesendet wird. Wir haben gute Erfahrungen mit Konzerten, Anime, Bolshoi oder auch den Wagner-Festspielen in Bayreuth gemacht. In Münster beispielsweise wird jeder Tatort, der dort produziert wird, auch in einer großen Premiere vorab im Kino gezeigt. Andere unserer Standorte zeigen grundsätzlich jeden Sonntag Abend den Tatort oder den Polizeiruf, hier aber als Public Viewing ohne Eintrittspreise. Sportliche Ereignisse – hier aber in der Regel nur Fußball – sind ebenfalls Kino geeignet, wenngleich hier auch die Haltung der FIFA hinsichtlich der Eintrittspreise sehr restriktiv ist.

Wir sind aber relativ sicher, dass beispielsweise der Bereich Gaming – sowohl aktives Spielen im Kino als auch die Übertragung von Wettbewerben – eine Zukunft hat. Auch für die Nutzung privater Vermietung von Sälen, wo die Leinwand dann für die Vorführung eigener Filme, den Anschluss einer Xbox oder das Zeigen einer DVD genutzt wird, gibt es bereits. Feststellen muss man jedoch, dass bestimmte Angebote nur bei einer großen Grundgesamtheit tragfähig sind. Schon bei den großen und eingeführten Formaten wie die Met, Royal Opera, Englisches Theater oder ähnliches zeigt sich, dass diese Angebote in Kleinstädten oft kein ausreichend großes Nachfragepotenzial haben. Hinzu kommt, dass diese Einzelveranstaltungen stets in einen streng regulierten Spielplan integriert werden müssen und hinsichtlich des Marketings völlig anders funktionieren als große Filme, wo die Hauptarbeit der Bewerbung durch die Verleiher erfolgt.

Im TV und im Netz boomen Serien – wie kann das Kino an diesem Hype teilhaben?
Natürlich könnte das Kino hier ein idealer Ort für eine Premiere sein, gleichwohl sind die veranstaltenden Sender nur in Ausnahmefällen bereit, diese Rechte vorab ans Kino zu geben. Das Problem hier ist ähnlich wie beim Sport, dass die Kinos hier Eintrittspreise verlangen müssen, wofür die Rechte im Regelfall nicht ausgelegt sind. Noch gibt es in Deutschland auch keine wirklich gute Infrastruktur für die Vermarktung dieses Contents. Größere Ketten können hier teilweise für ihre Häuser Deals verabreden, für kleinere unabhängige Kinos funktioniert das in der Regel nicht.

Große Streaminganbieter setzen auf Erstveröffentlichung, auch von großen Filmen. Wie sehr bedroht das die Kinos, in denen ja große Filme traditionell zuerst zu sehen sind?
In der Tat beginnen die beiden größten Streaminganbieter Amazon und Netflix damit, neben den Serien auch Spielfilme zu produzieren. Hier spricht die Kinobranche allerdings eine relativ klare Sprache. Sollen diese Filme einen regulären Einsatz im Kino haben, muss das exklusive Auswertungsfenster hier für mindestens vier Monate eingehalten werden. Wird dies den Kinos nicht eingeräumt, können solche Filme nur in vereinzelten Vorstellungen – dann als besonderes Event – gezeigt werden. Die Herausbringung von Filmen in Kinos ist eine relativ kostspielige Angelegenheit. Die Filmverleiher wenden ein hohes Marketingbudget auf, die Kinos halten eine extrem kostspielige Infrastruktur bereit und natürlich sind auch die Erlöse pro Zuschauer mit Abstand am höchsten. Dieses gesamte Geschäftsmodell beruht auf dem Konsens, dass Filme in den ersten vier Monaten ausschließlich dort zu sehen sind. Ist diese exklusive Auswertung im Kino nicht vorgesehen, gibt es keine oder nur auf einzelne Events reduzierte Auswertung.

Viele Kinos haben ihre Programme erweitert und flexibilisiert – wie viel Platz ist im Programm neben den Hollywood-Blockbustern?
Neben den Hollywood Blockbustern, von denen es vielleicht zwei Dutzend im Jahr gibt, werden weitere 600 Filme im Kino gestartet. Hier findet ein unglaublicher Wettbewerb in den Spielplänen und um die Wahrnehmung und Gunst der Besucher statt. Die Kinos wünschen sich hier allerdings eine deutlich größere Flexibilisierung als sie bislang von den Filmverleihern eingeräumt bekommen. Strenge Vorgaben für die Anzahl der Vorstellungen bei den großen Titeln führt zwangsläufig zu weniger Platz für anderes. So wird teilweise der Wettbewerb der großen Titel untereinander auf dem Rücken der Kinos und letztlich der Zuschauer ausgetragen.

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