Ist Radio die letzte analoge Insel in einer digitalen Medienwelt? Diese Frage höre ich in den letzten Monaten immer häufiger. Aber diese Frage geht von einer falschen Voraussetzung aus. Radio ist keine Insel, sondern ein Kontinent unserer Medienwelt. Wenn Sie so wollen´das “alte Europa“, das mit sich mit gutem Grund der analogen FM Technik bedient. Solange es keine digitale Technologie gibt, die nicht mindestens die Empfangsmöglichkeiten von FM bietet, gibt es keinen Umstieg. Wir sprechen dabei von scheinbar so selbstverständlichen Dingen wie mobilem oder portablem inhouse Empfang. DAB muss man wegen der bis zur Wellenkonferenz 2006 festgeschriebenen Begrenzung der Feldstärke und des damit verbundenen eingeschränkten Empfangs in geschlossenen Räumen leider vergessen. Nach der Wellenkonferenz stellt sich die Situation hoffentlich anders dar. Aber selbst dann werden Sie sich schwer tun, Millionen von Radiohörern, die mit der traditionellen Form von Radio sozialisiert wurden und an der Qualität von UKW nur wenig auszusetzen haben, sich ein neues Gerät zu kaufen (und wir reden über ca. 200 Mio. Radios in Deutschland). Einen harten Umstieg auf digitale Technik, wie jetzt beim analog terrestrischen Fernsehen zu DVB-T, kann es deshalb nicht geben.
Trotz allem beobachten wir mit großer Aufmerksamkeit eine Änderung des Mediennutzerverhaltens bei heute unter 20-Jährigen. 90% dieser Generation besitzen ein Handy. MP3 Player, iPods oder PDAs verzeichnen enorme Zuwachsraten. Alle diese Geräte wachsen zu einem zusammen und dieses Handheld wird natürlich auch Radio- und TV-Signale empfangen. Über welchen Verbreitungsweg das geschieht ist zunächst zweitrangig. In einem bin ich mir aber sicher: Radio wird die “Killerapplikation“ dieses Gerätes sein. Ein Radio, das dann neben Audio auch eine visuelle Seite haben wird. Ein Radio, mit dem der Hörer direkt per Rückkanal kommunizieren kann, das seine live gesendeten Beiträge, Nachrichten, Wetter oder Verkehrsservice auf Abruf wiederholt und dabei grafisch unterstützt. Solche Programme existieren bereits. Beim SWR Jugendradio DASDING wird in einer Redaktion ein Audioprogramm (DAB,FM), ein Online- Angebot und eine Fernsehsendung hergestellt. Alle diese Angebote sind inhaltlich verknüpft und werden auf getrennten Übertragungswegen angeboten.
Für viele lautet dabei die Schicksalsfrage: Gibt es noch einen genuinen Radioverbreitungsweg oder wird Radio zum Mehrwertdienst eines Mobilfunknetzbetreibers? Natürlich ist mir ein eigener Verbreitungsweg für Radio das Liebste. Wenn sich aber eine andere Lösung abzeichnet, dann sollten wir gelassen auf die Qualität unserer Programme bauen. Radio sollte in der Welt spielen in der sein Hörer zu Hause ist. Und wenn das Abspielgerät aussieht wie ein Handy mit TVMonitor wird es trotzdem die Funktion “Radio“ sein, die dem Gerät (s)eine spezifische Qualität verleiht.
Voraussetzung ist, dass wir unsere Programme multimedial weiter entwickeln können. Eine Beschränkung auf Audio würde bedeuten, sein Schicksal an UKW zu koppeln. Das wäre aber gleichbedeutend mit einem schleichenden Tod.