Mit der Einführung von Digital Media Broadcasting (DMB) könnte es nach Ansicht des Präsidenten der Bayerischen Landesmedienanstalt Prof. Dr. Wolf -Dieter Ring einen Wachstumsschub im Bereich Rundfunk und Telekommunikation geben. Bereits vor der Markteinführung 2008 und dem ersten Praxistest in Deutschland sei das Interesse der europäischen Partner sehr groß.
Meinungsbarometer: Herr Prof. Dr. Ring, der Countdown läuft: Anfang kommenden Jahres startet der erste deutsche DMB-Praxistest. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in diese Phase?
Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring: Das ursprünglich nur auf Regensburg ausgerichtete DMBProjekt wurde in den vergangenen sechs Monaten erweitert und soll nunmehr als europäisches CELTIC/EUREKA-Projekt im Verbund mit DMB-Projekten an den Standorten München (zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006), Bodensee (als Drei-Länder-Projekt) und Südtirol realisiert werden. Die Ergebnisse der derzeitigen Techniktests sind bislang sehr gut.
Das Projekt trägt den Titel “MI FRIENDS”. Was verbirgt sich dahinter?
Die Abkürzung steht für “Mobiles Interaktives Fernsehen, Radio, Information, Entertainment und Neue Digitale Services”. Dieser Name ist auch Programm: Es sollen neben Fernsehangeboten, wie dem Regensburger Lokalfernsehen auch Hörfunkangebote mit Bild-Informationen (”Visual Radio”) von lokalen und landesweiten Hörfunkanbietern ausgestrahlt werden. In einer zweiten Phase wird unter anderem die Aufnahme von Online Angeboten getestet. Zu den großen Herausforderungen zählen die Integration eines Rückkanals und die Realisierung intelligenter Speichersysteme.
Wie ist das Interesse der europäischen Partner?
Insgesamt wollen 75 designierte Projektpartner aus 9 verschiedenen Ländern Fragestellungen aus Technik, Wirtschaft und Forschung beantworten, um eine erfolgreiche Markteinführung für DMB in Europa bis 2008 vorzubereiten. Wir haben den Standort Regensburg wie auch die anderen drei DMB-Testgebiete so ausgewählt, dass die Projektergebnisse auf nahezu alle Regionen in Europa übertragbar sind. Dies ist eine zwingend notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Markteinführung von neuen Rundfunksystemen. Zunächst werden wir mit cirka 100 Testpersonen beginnen und diesen Kreis in Abstimmung mit der Nutzerforschung entsprechend erweitern.
Welches Potenzial hat DMB im Hinblick auf die Einführung neuer Dienste und Geschäftsmodelle?
Diese Frage ist sicherlich eine der spannendsten, über die derzeit viel spekuliert und diskutiert wird.Wir sind davon überzeugt, dass mit der Einführung der neuen DMB-Technologie bedeutende Wachstumspotenziale für Rundfunk und Telekommunikation erschlossen werden können. Um die entsprechenden Dimensionen konkreter benennen zu können, widmet sich ein Arbeitspaket des Projekts vornehmlich dieser Fragestellung.
Noch ist DAB nicht bei den Endverbrauchern etabliert, dennoch geht es mit DMB schon um dessen Weiterentwicklung. Wofür sollen sich die Verbraucher entscheiden?
Das eine schließt das andere nicht aus. Wir haben unser europäisches DMB-Projekt “MI FRIENDS” bewusst “evolutionär” konzipiert. Wir setzen nicht auf eine Ablösung der bisherigen Standards, sondern auf ein verbraucherfreundliches Zusammenspiel. Der Verbraucher kann mit den neuen DMBGeräten weiterhin sowohl bestehende, als auch neu hinzukommende Digital Radio-Angebote empfangen. DMB schafft hierbei einen deutlichen Mehrwert für den bestehenden digitalen Hörfunk und nicht zuletzt für den Mediennutzer und kann deshalb zu einer Lokomotive für Digital Radio werden.
Wann ist mit einer Einführung von NACHRICHTEN DMB zu rechnen? Was bedeutet das für Wachstum, Innovation und Arbeitsplätze?
Unser DMB-Projekt ist für die Laufzeit von 24 Monaten von Anfang 2006 bis Ende 2007 als ein “near to market project” ausgelegt. Wir zielen darauf ab, bis Ende 2007 die notwendigen Untersuchungsergebnisse vorliegen zu haben, um Anfang 2008 eine erfolgreiche Markteinführung von DMB einleiten zu können. Neben vielen technischen und inhaltlichen Fragestellungen zielt das Projekt nicht zuletzt auf Fragekomplexe, wie Innovationstransfer, Geschäftsmodelle und Marktverbreitung, kombiniert mit einer Nutzerforschung, die auch die Optimierung der Bedienerfreundlichkeit zum Ziel hat. Da wir in unserem Projekt neben Großunternehmen, Universitäten und Forschungsinstituten bewusst auch klein- und mittelständische Unternehmen integrieren, bin ich fest davon überzeugt, dass bei einer breit aufgesetzten und gut vorbereiteten Markteinführung von DMB auch mit neuen Arbeitsplätzen in den relevanten Branchen gerechnet werden kann.