Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI) sieht den Entwurf zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) skeptisch. Regulative Eingriffe in den Markt seien immer das äußerste Mittel. „Aus unserer Sicht ist die geplante Zwangseinführung von Digitalradio-Geräten sehr fragwürdig. Aktuell wissen wir noch nicht einmal, welcher Standard für Digital Radio sich deutschland- und europaweit durchsetzen wird“, erklärt Carine Chardon, Leiterin Medienpolitik im ZVEI-Fachverband Consumer Electronics. Die Industrie werde so gezwungen, sich für eine Empfangstechnologie zu entscheiden oder sicherheitshalber mehrere Empfangseinheiten einzubauen. „Dadurch steigen jedoch wieder die Kosten, die dann an den Verbraucher weitergereicht werden. Insofern handelt es sich sogar um eine verbraucherfeindliche Regelung“, kritisiert Carine Chardon. Wie alle anderen Innovationen müsse auch Digital Radio marktgetrieben eingeführt werden. Angebot und Nachfrage sollten die Entwicklung bestimmen.
Dagegen begrüßt der Digital Radio Plattform e.V. den Gesetzentwurf als „richtiges und wichtiges Signal für die Entwicklung des Hörfunkmarktes in Deutschland und Europa“. Allerdings empfiehlt der Verein, den Termin zur Ausstattung mit digitalen Empfangseinheiten vorzuziehen. „Eine Vorverlegung für den Beginn der Regelung auf den 1. Januar 2013 sowie den 1. Januar 2014 für Kraftfahrzeuge halten wir für wichtig“, sagt Vorstandsvorsitzender Michael Richter. „Für den vorgesehenen Neustart des bundesweiten Digital Radio ab 2011 ist
gerade aus der Sicht der privaten Veranstalter eine schnelle Marktdurchdringung mit digitalen Empfangsgeräten ein unabdingbarer Faktor für den Markterfolg“, erläutert Richter die Empfehlung seines Vereins.
Auch der Sendernetzbetreiber Media Broadcast befürwortet die Pläne der Bundesregierung. Mit dem Gesetzentwurf würden die Rahmenbedingungen für alle Marktpartner so ausgestaltet, dass der Weg zur Digitalisierung der terrestrischen Hörfunkverbreitung kalkulierbarer werde. „Dies ist ein klares Signal. Da bereits heute ein breites, kommerziell attraktives Spektrum an Endgeräten – die auch den in Deutschland präferierten DAB+ Modus unterstützen – vorhanden ist, könnte die Pflicht zur Ausstattung mit digitalen Empfangsmodulen aus unserer Sicht sogar noch vorgezogen werden“, kommentiert Thomas Wächter, Leiter Produktentwicklung Hörfunk bei Media Broadcast.
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Verlängerungsoption für UKW-Lizenzen bis 2025 sieht der ZVEI im Widerspruch zur geplanten Einbau-Pflicht von digitalen Empfangseinheiten ab 2015. Eine solche Vorgabe könne nur dann einen Sinn ergeben, wenn sie mit einer endgültigen und klaren gesetzlichen Vorgabe zur Abschaltung des analogen Hörfunks zu einem bestimmten Datum verbunden sei. „Das heißt nicht, dass wir eine rasche Abschaltung von UKW fordern, denn UKWRadio ist ein etabliertes, beliebtes Medium. Aber klar ist auch: Eine vielfältige digitale Hörfunklandschaft kann sich nur dann entwickeln, wenn ein Verbleib im analogen Hörfunk keine Option mehr darstellt“, betont Carine Chardon. Nach den Vorstellungen der Digital Radio Plattform sollte die einmalige Verlängerung von UKW-Frequenzen mit deren Umwandlung in digitale Lizenzen verbunden sein. „Diese Maßgabe ist notwendig, um einen geplanten wirklich ernstgemeinten digitalen Umstieg zu vollziehen und eine Mitfinanzierung des Simulcast-Betriebes zu ermöglichen“, erklärt Michael Richter.