Ein Pilotprojekt der Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA) zur Erprobung der DAB+ Technologie hat überraschende Ergebnisse erbracht. So stellt der Abschlussbericht fest, dass DAB+ für die Ausstrahlung von Programmen mit hohem Wortanteil gut geeignet und kostengünstiger als mit dem Übertragungsstandard DAB möglich ist. Für die Verbreitung hochwertiger Musikprogramme sei dagegen DAB zu empfehlen, das eine höhere Audioqualität ermögliche.
Diesen Zusammenhang erklärt der Leiter des Projektes, Michael Richter: „DAB bietet mit einer Audiodatenrate von 192 kbit/s eine CD-nahe Klangqualität. Diese kann mit DAB+ nach unseren Erkenntnissen nicht erreicht werden. Bei niedrigen Bitraten – also unterhalb von 128 kbit/s für ein Stereoprogramm – bietet DAB+ jedoch eine bessere Qualität als DAB.“
Die Hoffnung der Branche, mit DAB+ eine Halbierung der Übertragungskapazität und damit eine enorme Kosteneinsparung zu erreichen, konnte der Modellversuch hingegen nicht bestätigen. „Eine Einsparung der Kapazität ganz ohne Qualitätseinbußen ist – laut unseren Projektergebnissen – mit DAB+ nicht möglich“, so Richter.
Eine dennoch positive Bilanz zieht Martin Heine, Direktor der MSA: „In den Formulierungen zu den bundes- und landesweiten Digital Radio- Ausschreibungen wurden die Ergebnisse des Pilotprojektes der MSA bereits berücksichtigt. Einem Start der DAB-Systemfamilie steht damit nichts mehr im Wege.“
Partner des zwei Jahre dauernden Projekts (2008-2010) waren neben der MSA auch die privaten Programmveranstalter Sachsen-Anhalts: 89.0 RTL, Radio Brocken, Radio SAW und Rockland Sachsen-Anhalt sowie der Sendernetzbetreiber Media Broadcast.
Trotz der teils überraschenden Projektergebnisse bleibt DAB+ für die Veranstalter weiterhin eine Option zur digital-terrestrischen Verbreitung ihrer Programme.
Olaf Hopp, Geschäftsführer von Radio Brocken/89,0 RTL schätzt ein: „DAB+ wird von uns zum jetzigen Zeitpunkt favorisiert. Die Vorteile auf wirtschaftlicher und technischer Seite überwiegen bei DAB+ und versprechen eine höhere Marktdurchdringung und Akzeptanz bei den Hörern. Diese Einschätzung sieht er dadurch bestätigt, dass derzeit für den nationalen Multiplex ebenfalls DAB+ favorisiert werde. Auch vermutet Hopp, dass eine UKW-ähnliche Klangqualität ausreichen wird, um die Hörer für Digital Radio zu begeistern. „Mehr Qualität ist immer wünschenswert. Nur müssen wir als privates Rundfunkunternehmen immer auch die Seite der Wirtschaftlichkeit bedenken.“ Perspektivisch sei eine Übertragungskapazität von 54 CU (Capacity Units) aber „sicher nicht das Ende der Fahnenstange“. So kann sich der Geschäftsführer vorstellen, diesen Wert mit fortschreitender Akzeptanz des Digital Radios zu erhöhen und damit auch die Qualität zu steigern.
Etwas vorsichtiger äußert sich Jens Kerner, Unternehmenssprecher von Radio SAW: „DAB ist sicherlich der leistungsfähigere Übertragungsstandard, während DAB+ kostengünstiger ist.“ Eine wichtige Erkenntnis habe das Pilotprojekt aber gebracht: Dass erhöhte CU-Zahlen nicht automatisch auch eine höhere Klangqualität bewirken.