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Interview

Neuregelungen im Rundfunkstaatsvertrag frühestens 2017 möglich

Staatsminister Dr. Johannes Beermann (CDU), Chef der Sächsischen Staatskanzlei

Quelle: Sächsische Staatskanzlei/Jörg Lange Dipl.- Journ. Thomas Barthel Founder & Herausgeber Meinungsbarometer.info 29.04.2014

Der Chef der Sächsischen Staatskanzlei, Staatsminister Dr. Johannes Beermann, erwartet eine Neuregelung des Rundfunks in Deutschland frühestens 2017. Wie Beermann dem Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk sagte, wollen die Länder zunächst die richtungsweisenden Entscheidungen aus Brüssel abwarten.







Herr Staatsminister Dr. Beermann: Braucht die neue digitale Medienwelt eine Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages in Deutschland?

Beermann: Die Digitalisierung und die Konvergenz der Inhalte, der Verbreitungswege und der Endgeräte erfordern eine Aktualisierung der Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages. So ist der dort definierte Rundfunkbegriff in Teilen nicht mehr zeitgemäß. Die Möglichkeiten der Rundfunkverbreitung und -nutzung über das Internet und die dortige geringere Regelungsdichte stellen neue Anforderungen an das Rundfunkrecht. Die staatsvertragschließenden Länder werden sich über notwendige Anpassungen an die digitale Realität verständigen. Hierbei müssen wir auch nach Brüssel schauen. Die frühestens 2017 in Kraft tretende Neufassung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste wird entsprechend zu beachtende Vorgaben liefern. Erst wenn hier eine Änderung erfolgt, können die Länder nachziehen.

Was soll in diesem neuen Vertrag alles neu oder besser geregelt werden?

Plattformbetreiber, die im Internet mit Videostreams für deutsche Zuschauer präsent sind, sollten in das System der Medienkonzentrationskontrolle des Rundfunkstaatsvertrages einbezogen werden. Der Begriff des Fernsehmarktanteils ist zu erweitern, weil er der technischen Anpassung nicht Rechnung trägt. Aus sächsischer Sicht wäre auch eine Klarstellung der in § 40 Rundfunkstaatsvertrag geregelten Möglichkeit zur Förderung der technischen Infrastruktur durch die Landesmedienanstalten wünschenswert. Da gerade die regionalen und lokalen TV-Veranstalter nicht zuletzt wegen der Umstellung auf die Digitaltechnik hohe Programmverbreitungskosten zu tragen haben, sollte die Möglichkeit der Förderung dieser Kosten auch ohne juristische Auslegung der eigentlichen Zielrichtung des Staatsvertrages deutlich gemacht werden. Das trägt zur Rechtsklarheit bei.

Welche Rolle muss aus Ländersicht der Rundfunk künftig in der von der Bundesregierung angekündigten digitalen Offensive für Deutschland spielen?

Der Rundfunk in Deutschland hat eine verfassungsrechtlich garantierte Bestands- und Entwicklungsgarantie. Die für den Rundfunk zuständigen Länder werden deshalb stets darauf achten, dass dem Rundfunk auch zukünftig Verbreitungswege zur Verfügung stehen, die die gesamte Bevölkerung erreichen. Dazu gehört nach meiner Auffassung auch die terrestrische Verbreitung. Die Ministerpräsidenten haben sich vor diesem Hintergrund dafür eingesetzt, dass dem Rundfunk die dafür notwendigen Übertragungskapazitäten erhalten bleiben.

Unabhängig von der Frage der Terrestrik ist der Rundfunk bereits jetzt auch immer stärker im Internet präsent. Die Präsenz der eigenen Marke auf möglichst vielen Verbreitungsplattformen ist für Rundfunkanbieter wichtig, um Nutzer an sich zu binden. Das „traditionelle“ Fernsehen und Radio wird es aber auch zukünftig weiter geben.

Im Rahmen der Novelle des Telekommunikationsgesetzes 2012 hat der Bund auf Druck der Länder eine Protokollerklärung abgegeben, die die Forderung der Länder nach hälftiger Beteiligung an künftigen Versteigerungserlösen beinhaltet.

Die Finanzierung des Rundfunks ist gesetzlich und staatsvertraglich geregelt. Eine Beteiligung an Versteigerungserlösen kann es nur als Ausgleich für entstehende Umstellungskosten geben.

Was wird die Politik unternehmen, um die Forderung aus dem jüngsten KEF-Bericht nach einem verbindlichen Abschalttermin für UKW zu unterstützen?

Dieser Abschalttermin kann nach den Erfahrungen der Vergangenheit nur im Konsens mit allen Beteiligten, insbesondere den Veranstaltern, festgelegt werden. Auf Grund der Ausführungen im 19. KEF-Bericht dazu müssen in Abstimmung zwischen den öffentlich-rechtlichen und privaten Veranstaltern sowie der Politik Kriterien für eine verträgliche UKW-Abschaltung definiert werden. Daraus wird sich dann auch ein Abschalttermin herleiten lassen.

Welche Chancen sehen Sie für den sächsischen Vorstoß, auch lokale Sender künftig durch Mittel aus der Rundfunkgebühr zu finanzieren?

Eine Vollfinanzierung lokaler Veranstalter aus Rundfunkbeitragsmitteln ist rechtlich und ordnungspolitisch sicher problematisch. Anders sieht es bei der Beseitigung struktureller Defizite aus. In Sachsen gibt es derzeit Überlegungen, zusätzlich zur technischen Infrastruktur auch die Verbreitungskosten zu fördern. Das könnte zum Beispiel von der Landesmedienanstalt aus deren Anteil am Rundfunkbeitrag realisiert werden.

 

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