„Viele althergebrachte Radiosender nehmen ihre Hörer nicht ernst genug oder reduzieren sie auf die Rolle des jubelnden Gewinnspielanrufers“, so Christian Bollert von detektor.fm.Bei Bollerts Leipziger Radiosender läuft das ganz anders. Der junge Geschäftsführerhat zusammen mit einer Erfurter Werbeagentur eine interaktive App für Smartphones entwickelt, mit der sich die Hörer seines Radioprogramms per Audio, Text, Foto, Umfrage oder Video am Programm beteiligen können. Für sein Crowd Radio, so heißt der neueste Trend im Radio, hat er Anfang September in Hamburg den Deutschen Radiopreis in der Kategorie „Beste Innovation“ von keinem Geringeren als Robbie Williams überreicht bekommen. Mit ihrem neuen Dienst wollen die Web-Radio-Pioniere von detektor.fm den Journalismus mit noch mehr Hörerbeteiligung für das 21. Jahrhundert fitmachen. Wie Bollert dem Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk sagte, schließe sich dabei sein Anspruch nach Qualitätsjournalismus und starker Hörerbeteiligung nicht aus. Denn das Konzept sehe ja nicht vor, den professionellen Moderator und den Redakteur abzuschaffen. „Vielmehr wollen wir unsere Radiosendungen um eine zusätzliche Ebene ergänzen“, so Bollert. Nach Aussagen des Radioprofis kann in bestimmten Situationen ein Hörer als Ohren- oder Augenzeuge sogar wesentlich mehr zur Qualität beitragen als ein Experte.
In seiner Pilotsendung hat deketor.fm beispielsweise mit seiner Crowd Radio-App die Sendung „vox:publica“ gestaltet, die im Zuge des wichtigsten deutschen Internetkongresses re:publica 2012 ausgestrahlt wurde. Hier hatten die Hörer, Experten und Reporter Material gesammelt, welches dann in einer sehr dichten dreistündigen Sendung zusammengefasst worden ist. Für Bollert ist dabei die Einbeziehung der Zuhörereine immense Bereicherung der Radiolandschaft. Das Faszinierende ist für ihn die Tatsache, dass die Nutzer der App eigentlich immer andere Schwerpunkte als professionelle Redakteure setzen.
Ob seine Art von Radio „die“ Zukunft des Mediums sein kann, weiß auch Bollert (noch) nicht. Sicher ist er aber, dass es „eine“ Zukunft für den Rundfunk sein kann. Denn der Radiomacher glaubt fest daran, dass Hörer und Nutzer in unserer komplexen und hochspezialisierten Welt prädestiniertdafür sind, auch inhaltlich interessante Impulse zu liefern. „Deshalb müssen wir uns nicht wundern, dass künftig wohl immer häufiger die ungewöhnlichen und neuen Ideen nicht von etablierten Redakteuren, sondern von unseren Nutzern kommen.“ Bollert weiß daher ganz genau, dass er zumindest zur Hälfte seinen Hörern von detektor.fm den jüngsten Radiopreis zu verdanken hat.