Meinungsbarometer: Herr Wächter, Datendienste sind ja an sich nichts Neues im Digital Radio. Welche Datendienste nutzen Sie denn persönlich am liebsten und in welcher „Nutzungssituation“?
Thomas Wächter: Bislang gab es nur wenige Versuche, Datendienste über Digital Radio auszustrahlen und diese hatten auch keinen belastbaren kommerziellen Hintergrund. Ich will damit sagen, es gab kaum Endgeräte dafür und nur wenige Nutzer. Diese Situation wird sich jetzt ändern und damit wird auch die Basis von Informations- und Dienste-Anbietern breiter, die sich für eine Verbreitung über Digital Radio interessieren. Ich selber schätze sehr programmbezogene Zusatzinformationen wie Titel, Interpret und Hinweise auf kommende Beiträge. Im Übrigen finde ich kurze übersichtliche Teletext-artige Informationen interessant, die ich jederzeit unabhängig vom aktuellen Radioprogramm abrufen kann.
Media Broadcast plant für den bundesweiten Digital Radio-Multiplex seine eigene Plattform. Für welche Content-Lieferanten ist diese Plattform interessant und gibt es schon konkrete Interessenten?
Mit der Bewerbung um Kapazität für programmunabhängige Datendienste, die die Media Broadcast im Rahmen einer Plattformlizenz den Informations- und Datendienste-Anbietern zugänglich machen kann, haben wir einen wichtigen Beitrag geleistet, diesen Teil des neuen Radiomediums aktiv mit zu gestalten. Großes Interesse findet unsere Kapazität bei den Anbietern von Verkehrsinformationsdiensten. Neben solchen Diensten versuchen wir aber auch, umfassenden Informations- und Unterhaltungsangeboten einen Zugang zum Digital Radio zu öffnen, das die Menschen in Zukunft über den ganzen Tag begleiten wird. Radio und der Zugriff auf programmunabhängige Informationen passen prima zusammen. Wir dürfen auch nicht vergessen, welchen Spielraum uns großer Speicherplatz in modernen Endgeräten gibt. Ich denke, dass diese Chancen erst mit zunehmender Endgeräteverbreitung richtig erkannt werden.
Welche Art von Datendiensten wollen Sie anbieten (EPG, Journaline, Broadcast Website) und wie werden diese auf den neuen Geräten angezeigt?
Hier kämpfen wir mit einem „Henne-Ei-Problem“. Die einfachen, klassischen Radios bieten technisch nur begrenzte Möglichkeiten, insbesondere bild- und grafikbasierte Dienste darzustellen. Die Situation wird sich aber schnell ändern, wenn der Digital Radio-Empfänger integraler Bestandteil der „smart phones“ und der portablen Navigationsgeräte wird. Diese können jede Art von Datendiensten darstellen.
Wer soll und wird für diese Dienste bezahlen, die „Content-Lieferanten“ oder der Digital Radio-Hörer? Welche Geschäftsmodelle kommen hier für Sie in Frage?
Es sind verschiedene Modelle denkbar und werden zur Anwendung kommen. In Anbetracht der Reichweite des Mediums Radio bietet sich Refinanzierung über Werbung an, wobei der Datendienst ein add-on der Radiowerbung sein kann: Bilder und Daten zum neuen Produkt im Digital Radio-Datenkanal! Bei verschlüsselten Daten können sowohl Anbieter als auch Nutzer – zum Beispiel über einen höheren Endgerätepreis – die Ausstrahlung des Dienstes finanzieren.
Der Aufbau der Plattform erfolgt parallel zum bundesweiten Netzausbau für DABplus. Für wie realistisch halten Sie es, dass alles zum Starttermin 1. August 2011 pünktlich fertig wird?
Das Sendernetz wird zum 1. August in Betrieb gehen und ich erwarte, dass wir auch erste Datendienste ausstrahlen werden. Hier rechne ich allerdings mit einer Findungs- und Experimentierphase. Das heißt, wir werden sicher mit verschiedenen Formaten proben und abhängig von der Penetration der verschiedenen Endgerätetypen wird sich sicher auch die Ausprägung des Datendienst-Portfolios ändern. Das Schöne an der von uns gewählten Lizenzform ist, dass wir für solche Änderungen keine neue Lizenz brauchen. Wir können und müssen experimentieren: Spannend!