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NRW will die Volldigitalisierung der Justiz

Was der elektronische Rechtsverkehr bringt und wann die E-Akte kommt

Peter Biesenbach, Minister der Justiz NRW Quelle: Land NRW/R. Sondermann Peter Biesenbach Minister NRW 28.05.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Unser Ziel ist die vollständige Digitalisierung der Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes Nordrhein-Westfalen. Als ersten Schritt auf diesem Weg haben wir am 01.01.2018 den elektronischen Rechtsverkehr eröffnet. Klagen, Anträge und Schriftsätze können nunmehr auch in elektronischer Form rechtssicher eingereicht werden." Das sagt Peter Biesenbach, Minister der Justiz NRW. "In den kommenden Jahren werden wir zudem flächendeckend die elektronische Akte einführen, die eine durchgehende elektronische Bearbeitung ermöglichen wird."







Die Justiz soll in den nächsten Jahren digitalisiert werden. Wie steht es heute in Ihrem Bundesland um die E-Justiz?
Unser Ziel ist die vollständige Digitalisierung der Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes Nordrhein-Westfalen. Als ersten Schritt auf diesem Weg haben wir am 01.01.2018 den elektronischen Rechtsverkehr eröffnet. Klagen, Anträge und Schriftsätze können nunmehr auch in elektronischer Form rechtssicher eingereicht werden. Nähere Informationen hierzu finden sich unter www.justiz.nrw.de. Der elektronische Rechtsverkehr wird dabei keine Einbahnstraße sein. Die Gerichte werden vielmehr auch selbst aktiv elektronisch kommunizieren und Dokumente elektronisch übermitteln. Bei den Fachgerichten ist dies teilweise bereits jetzt der Fall; bei den Oberlandesgerichten, den Landgerichten und größeren Amtsgerichten soll die Umsetzung bis zum Beginn des Jahres 2019 erfolgen. In den kommenden Jahren werden wir zudem flächendeckend die elektronische Akte einführen, die eine durchgehende elektronische Bearbeitung ermöglichen wird. Erste Pilotprojekte laufen bereits erfolgreich. Die heutige Aktenbearbeitung in Papier wird dann der Vergangenheit angehören. Die elektronische Bearbeitung wird die gerichtlichen Verfahren im Interesse aller Beteiligten beschleunigen. Durch die elektronische Zustellung können auch unsere Kommunikationspartner von den Vorteilen des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte profitieren, etwa mit erleichterten Such- und Übernahmefunktionen sowie mit der Verhinderung von Medienbrüchen. Dies spart nicht nur langfristig Zeit und Geld, indem auf den Ausdruck und Postversand der Dokumente verzichtet werden kann, sondern unterstützt auch nachhaltig die Idee des papierlosen Büros.

Die Digitalisierung erfordert von allen Beteiligten auch eine Umstellung ihrer Arbeit. Wie unterstützen Sie Juristen und Mitarbeiter auf diesem Weg?
Insbesondere die Einführung der elektronischen Akte und der damit verbundene Fortfall der Aktenbearbeitung in Papierform wird das Arbeitsumfeld unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter grundlegend verändern. Damit dieser Wandel gelingt, muss er auch mental nachvollzogen werden: deshalb beziehen wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Prozess ein. Dies geschieht durch Informationsveranstaltungen, benutzerfreundliche Systemgestaltung, Beteiligung an den Entwicklungen, aufgabenorientierte Schulungen, Support am Arbeitsplatz und vieles mehr.

Experten befürchten Probleme beim Austausch von Akten zwischen den Gerichten der Länder, des Bundes und im Zweifel internationaler Gerichte sowie bei der Archivierung von Akten. Wie sehen Sie das?
Der Austausch von Akten muss ebenso wie heute bei Papierakten auch bei einer elektronischen Aktenführung problemlos gewährleistet werden. Dies gilt für den Aktenaustausch zwischen den Gerichten eines Landes, etwa im Instanzenzug oder bei Verfahrensabgaben, genauso wie für den Austausch über Ländergrenzen hinweg. Um dieses Ziel unabhängig von den jeweils eingesetzten unterschiedlichen Aktensystemen zu erreichen, wurde bereits im Jahr 2016 im Rahmen eines von der Bund-Länder-Kommission zur elektronischen Datenverarbeitung (BLK) beauftragten Themenkreises ein einheitlicher Standard entwickelt, der sicherstellt, dass elektronische Gerichtsakten schnell und sicher plattform- und systemunabhängig über Gerichts- und Behördengrenzen hinweg übermittelt werden können. Auch eine Übermittlung an Bundesgerichte ist auf diesem Weg möglich. Dieser einheitliche Strukturdatensatz, der unter www.xjustiz.de veröffentlicht ist, ist auch Grundlage einer Aktenübergabe an die Staatsarchive. Das Ministerium der Justiz leitet darüber hinaus im Auftrag der Bundesrepublik und der übrigen Bundesländer mehrere europäische Projekte, die einen sicheren Datenaustausch zwischen den Justizbehörden der Mitgliedstaaten zum Gegenstand haben. Hier wurde - unter Einbeziehung auch des privaten Sektors - bereits eine Technologie namens e-CODEX entwickelt, die es ermöglicht, Daten innerhalb der sehr unterschiedlichen nationalen IT-Systeme unter Wahrung der Grundsätze der Sicherheit und Vertraulichkeit auszutauschen. Diese Technologie findet bei der internationalen Strafverfolgung ebenso Anwendung wie bei der Durchsetzung internationaler Forderungen und bei der Verknüpfung elektronischer Register (Handelsregister, Insolvenzregister).

Nicht zuletzt die Pannen beim besonderen elektronischen Anwaltspostfach zeigen die datenschutzrechtlichen Herausforderungen an die Infrastruktur. Wie lässt sich Sicherheit im digitalen Rechtsverkehr herstellen?
Der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen ist sehr bewusst, wie sensibel die Daten sind, die die Bürger ihr anvertrauen. Daher bauen wir - nicht erst seit den Problemen mit dem elektronischen Anwaltspostfach- mit zunehmender Digitalisierung und im Gleichklang mit der gesamten Landesregierung unser bereits etabliertes System für Informationssicherheit aus. Es wird organisatorisch und technisch sichergestellt, dass die Grundpfeiler des Datenschutzes gesichert sind, nämlich die Vertraulichkeit, die Verfügbarkeit, die Authentizität und die Integrität der Daten. Die Justiz hat hierfür nicht nur Fachleute eingestellt, sondern bedient sich auch externer Fachkompetenz, um eine maximale Sicherheit für die Daten zu gewährleisten und damit zugleich den komplexen Anforderungen des neuen Datenschutzrechts zu genügen. Die Erstellung von Sicherheitskonzepten und regelmäßige Audits gehören dabei ebenso zum Standard wie die besondere Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umgang mit digitalen Daten.

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