Es war ein Paukenschlag, der im Sommer für Aufsehen sorgte. ARD und ZDF kündigten ihre Verträge mit den drei großen Kabelnetzbetreibern Kabel Deutschland, Unitymedia und Kabel BW zum Jahresende. „Die Einspeiseentgelte sind historisch überholt und werden von uns nicht länger akzeptiert“, brachte MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille die Position der öffentlich-rechtlichen Sender auf den Punkt. Ihr ZDF-Kollege Dr. Thomas Bellut ergänzte, es sei nicht mehr zu rechtfertigen, dass Entgelte an Unternehmen gezahlt werden, die mit der Vermarktung von gebührenfinanzierten Programmen Geld verdienten. Allein 60 Millionen Euro im Jahr entrichten die öffentlich-rechtlichen Programme bisher dafür, dass die Kabelnetzbetreiber ihre Sender zu den Zuschauern transportieren. Insgesamt empfangen 18 Millionen Haushalte in Deutschland ihr Programm per Kabel – digital, aber auch vielfach noch analog. Mit der Vertragskündigung wollten ARD und ZDF erreichen, dass die Programme künftig ohne Entgelt als „must carry“ ausgestrahlt werden. „Wir orientieren uns an vergleichbaren europäischen Ländern, wo nirgendwo – soweit erkennbar – von den Netzbetreibern sowohl bei den Sendern als auch den Endkunden kassiert wird“, so Bellut.
Dagegen argumentieren die Kabelnetzbetreiber, dass die Anschlussgebühren in Deutschland sehr niedrig seien. So kostet in den USA ein regulärer Kabelanschluss umgerechnet fast 100 Euro im Monat, während man in Deutschland bei den großen Anbietern schon für knapp 20 Euro monatlich dabei ist. Kein Wunder also, dass die Kabelnetzbetreiber davon ausgehen, sich erfolgreich gegen die Vertragskündigung zur Wehr setzen zu können. „Wir sind davon überzeugt, die richtigen Argumente auf unserer Seite zu haben und sind entschlossen, unsere Position auch gerichtlich durchzusetzen“, erklärte Kabel Deutschland-Chef Dr. Adrian von Hammerstein gegenüber der FAZ. Er stützt sich dabei auf ein Gutachten der Hamburger Medienwissenschaftler Prof. Dr. Hans-Heinrich Trute und Prof. Dr. Roland Broemel, die zu dem Schluss kommen, dass die Kabelgebühren gerechtfertigt sind. Wörtlich heißt es in dem Gutachten: „Weil die Einspeisung ins Kabel zur Gewährleistung einer flächendeckenden Verbreitung unverzichtbar ist, sind öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten derzeit zur Kabeleinspeisung verpflichtet.“ Dies sei auch zivilrechtlich durchsetzbar. Vor diesem Hintergrund reichte Kabel Deutschland Ende August eine Klage gegen den Bayerischen Rundfunk ein, um gegen die Vertragskündigung und den damit verbundenen Zahlungsstopp vorzugehen. Unterdessen bemühen sich die Kontrahenten offenbar parallel, den Streit auf bilateraler Ebene beizulegen. Als Leiterin der Verhandlungsgruppe Kabel/DSL soll MDR-Intendantin Karola Wille eine Lösung erzielen. Die Zeit drängt. Schließlich soll es ab Januar nirgendwo schwarze Bildschirme geben, wenn die Programme von ARD und ZDF aufgerufen werden.