Zum ersten Mal haben sich öffentlich-rechtliche und private Programmveranstalter Mitteldeutschlands in einem Positionspapier auf eine gemeinsame Linie zur Markteinführung von digitalem Radio verständigt. Zu den insgesamt 26 Unterzeichnern - davon 23 Radiosender - zählen unter anderem der MDR, das Deutschlandradio, Antenne Thüringen, HITRADIO RTL SACHSEN, radio SAW sowie die drei mitteldeutschen Landesmedienanstalten. Initiiert wurde die Erklärung vom Verein Digital Radio Mitteldeutschland.
Mit dem nun unterzeichneten Positionspapier drückt die große Mehrheit der mitteldeutschen Veranstalter ihre Einigkeit darüber aus, dass zukünftig die digitale Übertragung von klassischem Radio sowie von ergänzenden Texten, Bildern und Videos vorrangig auf Frequenzen im Band III auf Basis der DABSystemfamilie erfolgen soll. Das Positionspapier unterstützt das bundesweite Konzept von ARD und Medienanstalten, wonach ab 2009 digitaler Hörfunk über drei Bedeckungen ausgestrahlt werden kann. Wichtige Voraussetzung ist, dass die Empfangsqualität deutlich die jetzige UKW-Versorgung übertreffen und auch eine „deep-indoor-Versorgung“ gewährleisten muss.
Gleichzeitig fordern die privaten Hörfunkanbieter, dass ihnen der Einstieg in die Digitalisierung in gleichberechtigtem Umfang wie den öffentlich-rechtlichen Anstalten durch geeignete Fördermodelle ermöglicht wird. „Nach der Einigung auf ein Positionspapier ist es nur konsequent, dass jetzt die Landesmedienanstalten Mitteldeutschlands in einem nächsten Schritt einen 'Call for Interest' gestartet haben“, sagt Uwe Ludwig, Vorstandsvorsitzender des Vereins Digital Radio Mitteldeutschland.
In diesem mitteldeutschen „Call for Interest“ werden die Programmveranstalter aufgefordert, ihre Interessensbekundungen zur Nutzung digitaler terrestrischer Übertragungskapazitäten abzugeben und ein Gesamtkonzept für die künftige Verwendung digitaler Frequenzen für landesweite, regionale und lokale Hörfunkangebote vorzulegen. Die Interessensbekundungen der einzelnen Veranstalter sollten bis Mitte Mai bei der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt eingereicht werden.Flankiert wird der mitteldeutsche „Call for Interest“ von einer deutschlandweiten Abfrage durch die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), die den bundesweiten Bedarf für nationale und länderübergreifende Hörfunkangebote ermitteln will.
An der nationalen Abfrage wird auch die deutschlandweit fungierende Beteiligungsgesellschaft REGIOCAST aktiv teilnehmen. Da die Interessenslage von REGIOCAST eine völlig andere ist, trägt das Unternehmen das mitteldeutsche Papier nicht mit. Was für sich genommen auch nicht unmittelbar notwendig wäre. Doch wurden auch die drei mitteldeutschen Privathörfunksender Radio PSR, R.SA und die LandesWelle Thüringen - an denen die REGIOCAST größere Anteile hält - angehalten, das Positionspapier nicht zu unterzeichnen. Die landesweiten, regionalen und auch lokalen „Unterzeichner“, können das nur bedingt nachvollziehen.
Ein Erklärungsversuch von Boris Lochthofen, Leiter Medienpolitik REGIOCAST: „Kompromisse und Kompromisspapiere sind oft gut und richtig, manchmal - wie in der Politik - sogar überlebenswichtig. Aber in der Wirtschaft kann Harmonie teuer werden. Sehr teuer.“ Das digitale Radio verträgt aus Sicht der REGIOCAST keinen Kompromiss, wie bei DAB „anschaulich“ zu erleben gewesen sei. „Der Erfolg der terrestrischen Digitalisierung ist unserer Überzeugung nach strikt an eine Top-Down-Planung und mithin an ein von der bundesweiten Ebene ausgehendes Einführungsszenario gebunden“, argumentiert REGIOCAST.