Auch heute funktioniert Radio im Prinzip noch immer wie eine Einbahnstraße. Zwar können die Zuhörer über Telefon, E-Mail oder soziale Netzwerke mit den Radio-Programmmachern interagieren, doch ein echtes auf jeden einzelnen Hörer individualisiertes Radio gibt es noch nicht. Daran will jetzt das Bayerische Wirtschaftsministerium mit einem Forschungsprojekt arbeiten und das klassische Hörfunkprogramm revolutionieren. Zusammen mit Partnern wie dem Institut für Rundfunktechnik (IRT), dem Hörfunksender Antenne Bayern und den beiden Endgeräte- und Technologieherstellern Elgato Systems und David Systems will das Projekt „Hbb-Radio“ (Hybrid Broadcast Broadband Radio) das derzeit unbeeinflussbare Hörfunkprogramm durch ein individualisiertes ersetzen.
Ralf Schierbaum vom beteiligten Institut für Rundfunktechnik (IRT) erklärt im Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk, worin die Vorteile der neuen Technologie liegen. So sei es mit HbbRadio beispielsweise möglich, das gerade im Radio gespielte Musikstück, was einem nicht gefällt, abzuwählen und durch einen selber bestimmten Lieblingstitel zu ersetzen, ohne dass der einzelne Nutzer auf die festen Wortanteile des Programms verzichten muss. Profitieren werden von den neuen Diensten nach Ansicht des IRT-Sprechers sowohl das Internetradio als auch das terrestrische Digitalradio. Beide, so Schierbaum, könnten die Technologie ausspielen und so den Hörern echten Mehrwert anbieten.
Auch Albert Menacher, Manager Solutions Development beim Technologieproduzenten David Systems GmbH, ist der Überzeugung, dass sich das Radio, um zukunftsfähig zu bleiben, modernisieren muss ohne sein Alleinstellungsmerkmal als einfach zu konsumierendes Medium aufzugeben. Konkrete Ideen hat bereits der HbbRadio-Projektpartner Elgato, der seine App-angereicherten Fernsehlösungen künftig auf das Radio übertragen will.
Profitieren sollen vom neuen personalisierten Content aber nicht nur die Hörer, sondern auch die Programmveranstalter und die Werbeindustrie. So erhofft sich beispielsweise Michael Kerscher, Technischer Leiter von Antenne Bayern, neue und bessere Vermarktungschancen für das Radio. Gerade eine auf den Hörer zugeschnittene Werbung sei in diesem Zusammenhang sehr interessant.
Noch weiß allerdings niemand, ob ein hörerindividualisiertes Programm überhaupt von den Nutzern angenommen und gewollt wird und inwieweit sich die neuen Dienste mit dem linearen Programm vereinbaren lassen. „Genau deshalb – um Antworten auf diese Fragen zu bekommen – beteiligen wir uns an diesem Projekt“, so Michael Kerscher von Antenne Bayern.