Herr Schneider, was sagen Sie zu den Befürchtungen, dass der Digitalradio- Neustart am 1. August unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden könnte, da bisher kaum DABplus-taugliche Geräte in den Haushalten stehen?
Andreas Schneider: Gerätehersteller, Programmanbieter und Netzbetreiber arbeiten eng zusammen, um den Start des ersten bundesweiten Digitalradios am 1. August im vollen Bewusstsein der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen. Die unter dem BMWi organisierten Digitalradio-Arbeitsgruppen bieten dafür den guten Rahmen. Verschiedenste Gerätehersteller haben in den letzten Monaten Digitalradios (DAB-/DABplus-fähig) für den gesamten deutschen Markt angekündigt oder bereits eingeführt. Weitere Gerätehersteller werden in den nächsten Wochen folgen. Die Typenvielfalt wird mit dem Programmstart und in den darauf folgenden Monaten sichtbar wachsen. Für Sony kann ich sagen, dass der Durchverkauf von Sony-Digitalradios bisher sowohl beim Händler als auch beim Endverbraucher unsere Erwartungen voll erfüllt, ein Indiz für eine gute Wahrnehmung des Digitalradio-Neustarts. Der 1. August wird den Beginn einer nachhaltigen Entwicklung darstellen und den Einstieg Deutschlands in den digitalen Hörfunk einläuten.
Wie wird die Geräteindustrie den Handel motivieren, damit dieser die Verbraucher verstärkt auf die neuen Digitalradios hinweist?
Gerätehersteller informieren den Handel im Rahmen ihrer regulären Vertriebsgespräche und Roadshows. Individuelle Marketing- und Informationskampagnen sind in Vorbereitung. Darüber hinaus organisieren Hersteller (Vertreter der Firmen Dual, Pure, Revo, Sony und Tivoli) gerade Gesprächstermine für Vertreter der kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Programmanbieter mit so gut wie allen Handelsketten. Die zentralen Einkäufer des Handels werden dabei aus erster Hand über die neuen Programmangebote informiert. Dies schafft Vertrauen in die neuen Angebote – Grundlage für Enthusiasmus am Ladenregal. Über das Projektbüro Digitalradio sind allgemeine Handelsschulungen in Vorbereitung, eine spezielle Informationsbroschüre für den Handel kann bereits abgerufen werden.
Was wird die Geräteindustrie selbst unternehmen, um die Endverbraucher zu informieren?
Die einzelnen Firmen werden entsprechend ihrer Marketingkonzepte die Kunden informieren. Hierzu werden die verschiedenen Medien, aber auch spezielle Veranstaltungen genutzt werden. Die IFA 2011 in Berlin bietet dann Anfang September kurz nach dem Programmstart den idealen Rahmen, Endverbrauchern die Digitalradios im regulären Betrieb vorzustellen.
Sehen Sie den Neustart durch die „Hängepartie“ beim geplanten deutschen Digitalradio-Fördergesetz gefährdet?
Nein, überhaupt nicht. Der Erfolg des Digitalradios wird durch andere Faktoren bestimmt: Ein interessantes und vielfältiges Programmangebot, die breite Ausstrahlung und den verlässlichen Empfang, und ein Endgeräteangebot, das die unterschiedlichen Wünsche der Hörer zu Hause und unterwegs aufgreift. Diese Voraussetzungen wurden in den letzten Monaten bzw. werden aktuell mit Blick auf den 1. August geschaffen. Eine deutsche gesetzliche Regelung hätte sowieso frühestens im Laufe des Jahres 2013 greifen können.
Was halten Sie prinzipiell davon, Empfangsteile für DABplus gesetzlich festzuschreiben: Ist – statt einer deutschen – eine europäische oder weltweite Regelung nötig?
Der Markt für Radioempfänger ist wie für Unterhaltungselektronik-Geräte generell mindestens ein europäischer, wenn nicht gar ein globaler Markt. Nationale gesetzliche Regelungen sind hier aus Herstellersicht nicht sinnvoll oder gar kontraproduktiv. Außerdem werfen sie Probleme im gemeinsamen europäischen Markt auf. Sinnvoll wäre es aber, wenn eine europaweite Einigung auf DABplus einen einheitlichen Markt und damit die problemlose grenzüberschreitende Nutzung von Digitalradio-Programmangeboten für die Endverbraucher/Hörer sicherstellt. In vielen europäischen Ländern wird gerade, wie in Deutschland, die Ausstrahlung von Digitalradio mit neuen, zusätzlichen Diensten vorbereitet. Hierfür wird mehrheitlich auf DABplus gesetzt. Die verschiedenen Länder sollten hier gemeinsam an einer europäischen Rahmenregelung arbeiten. Hierfür wird es sicherlich Unterstützung der Hersteller geben.