RTL baut seine Untertitel-Angebote für hörgeschädigte Zuschauer aus. Wie bewerten Sie die Aktivitäten der Privatsender in Sachen Barrierefreiheit?
Die Mediengruppe RTL hat in der Tat für den Beginn des Programmjahrs 2016/2017 angekündigt, ihr Untertitelangebot für Hörgeschädigte zu erweitern. Über solche Meldungen freuen wir uns natürlich sehr! Sie zeigen, dass auch den privaten Sendern bewusst ist, dass mehr Barrierefreiheit im Fernsehen ein wichtiges gesellschaftliches Ziel ist und neue Zuschauergruppen erschließt. Allerdings muss man auch sagen: Bei den untertitelten Sendungen ist bei den Privaten weiterhin deutlich Luft nach oben. Und doch haben sich die beiden großen Sendergruppen – ProSiebenSat.1 und die Mediengruppe RTL – in den letzten Jahren nachweislich bemüht, ihr Engagement stetig auszubauen. Das wissen wir durch unsere regelmäßigen Monitorings. Die vierte dieser jährlichen Erhebungen läuft übrigens jetzt gerade, und wir sind in diesem Jahr besonders gespannt auf die Zahlen: Im Oktober werden auch die Ergebnisse unserer gemeinsam mit der Aktion Mensch auf den Weg gebrachten Studie zur Mediennutzung von Menschen mit Behinderungen vorliegen – beides können wir dann miteinander abgleichen und die Erkenntnisse daraus bündeln.
Die ARD bietet nach eigenen Angaben im Ersten für über 40 Prozent des Hauptabendprogramms eine Audiodeskription und nahezu vollständige Untertitelung an. Wie weit sind die Öffentlich-rechtlichen aus Ihrer Sicht auf dem Weg zum barrierefreien TV?
Wie die Öffentlich-Rechtlichen ihr barrierefreies Angebot in den letzten Jahren ausgebaut haben, ist wirklich toll. Gerade Angebote mit Audiodeskription finden blinde und sehbeeinträchtigte Zuschauer auch weiterhin ausschließlich in den Programmen der öffentlich-rechtlichen Anstalten, und es gibt dort gerade auch im Bereich der technischen Innovation sehr viele ambitionierte Projekte. Man muss dabei aber auch bedenken, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen besonderen gesetzlichen Auftrag zu Grundversorgung und Integration hat und genau zu dessen Erfüllung Rundfunkbeiträge erhält. Das ist bei den Privaten, für die wir als Landesmedienanstalten zuständig sind, naturgemäß anders: Als Wirtschaftsunternehmen müssen sie ihre Programme durch Werbung refinanzieren. Insofern können da nicht in Gänze dieselben Maßstäbe angesetzt werden.
Verschiedene Anbieter von neuen Video-Diensten im Internet stehen in der Kritik, zu wenig zu untertiteln. Wie lässt sich Barrierefreiheit auch für solche Angebote schaffen?
Zunächst einmal können neue digitale Möglichkeiten und technische Entwicklungen die Anbieter bei der Erweiterung und Verbesserung ihrer barrierefreien Dienste unterstützen. Diese Potenziale sollten genutzt werden. Und natürlich sind in Zeiten der Konvergenz auch Video-Streaming-Dienste wie zum Beispiel Netflix und Maxdome oder die Multimedia-Plattform YouTube für die Nutzung von Bewegtbildinhalten jeglicher Form sehr wichtig, besonders bei Jüngeren. Hier muss noch einiges getan werden, um eine Teilhabe für alle zu ermöglichen. In den vielen Gesprächen zu diesem Thema haben wir allerdings auch Dienste kennengelernt, die gerade in Sachen Untertitelung schon ziemlich gut aufgestellt sind. Auch da lohnt sich also ein differenzierter Blick.
Video-Inhalte werden immer häufiger auf Smartphones genutzt. Wie müssen Untertitel für solche kleinen Displays beschaffen sein?
Auf kleinen Displays sind die Anforderungen in Sachen Lesbarkeit der Untertitel noch einmal deutlich höher als bei unserem großen TV-Bildschirm, und auch da wird über Gestaltung, Einblendungsdauer und Platzierung schon viel diskutiert. Es gibt bereits bestimmte Standards, die sich bewährt haben und die in Teilen sicherlich auch auf mobile Endgeräte übertragen werden können. Und noch etwas zum Stichwort mobile Endgeräte: Natürlich bieten hier besonders barrierefreie – also nach den Regeln des universellen Designs gestaltete – Apps sehr große Chancen für die chancengleiche Mediennutzung und Inklusion insgesamt. Man darf nicht vergessen: Solche Apps vereinfachen die Nutzung nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern sie sind auch für ältere Menschen hilfreich. Die Zielgruppe, die davon profitieren kann, ist also deutlich breiter und lukrativer.