Thüringen hat sich bei der Umstrukturierung des MDR benachteiligt gefühlt. Nun soll ein Zentrum für Medienkompetenz im Freistaat errichtet werden. Ist das eine hinreichende Ansiedlung?
Ich glaube, es ist nicht nur ein Gefühl. Wenn überhaupt, muss man konstatieren, dass die damaligen Verantwortlichen von CDU und FDP mit der Zuordnung der MDR-Werbetochter als MDR-Anteil nach Thüringen und damit verbundener Wertschöpfungsprognosen sich völlig verspekuliert haben. Auch die Installierung des KIKA in Erfurt konnte diesen „Geburtsfehler“ des MDR-Staatsvertrages kaum ausgleichen. Mit dem Konzept der „trimedialen Entwicklung des MDR 2017“ soll nun ein Zentrum für Medienkompetenz in Erfurt geschaffen werden. Ob diese geplante Ansiedlung ausreichend ist, hängt letztendlich von Überlegungen zur Größe, Aufgabenstellung, Inhalt sowie Nachhaltigkeit und Perspektive dieser Einrichtung ab.
Das Zentrum für Medienkompetenz soll forschen, aber auch über eine eigene trimedial arbeitende Redaktion verfügen. Was erwarten Sie von so einem Zentrum?
Zu verschiedenen Zeitpunkten in den zurückliegenden Jahren hat Thüringer Politik die Fragen von Medienkompetenz, Medienbildung und Medienpädagogik thematisiert und durch politische Entscheidungen auch gesetzlich verankert. Erinnert sei nur an den parlamentarischen Antrag zur Medienkompetenz an die Landesregierung im Jahre 2012, die Diskussion und Forderung im Zusammenhang mit der Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags oder die Änderung des Landesmediengesetzes mit der Schaffung eines Medienbildungszentrums bei der TLM 2014. Konkret erwarte ich von einem zukünftigen Medienkompetenzzentrum des MDR konzeptionelle Arbeit zur Aufklärung, dem Umgang und der Handhabung von Medien, die Erstellung von Produktionen für den MDR am Standort Thüringen, aber auch darüber hinaus sowie (wissenschaftliche) Beiträge zur öffentlichen Debatte über die Wirkung und Entwicklungsperspektiven der Medien in unserer Gesellschaft.
Thüringen hat den Kika, einen Tatort und weitere überregionale Produktionen. Was wäre im Sinne der Gerechtigkeit unter den mitteldeutschen Ländern außerdem angemessen?
Zwei Aspekte sollten im Zusammenhang mit „Gerechtigkeit“ unter den MDR-Ländern in Zukunft Berücksichtigung finden: Da ist erstens eine strukturelle Stärkung für den MDR-Standort Thüringen. Die Installation und der Auf- und Ausbau eines Medienkompetenzzentrums für den MDR darf keine Alibifunktion sein, sondern muss sich durch nachhaltige Strukturen, angemessene personelle Stärke sowie finanziellen Einsatz auszeichnen. Dabei ist zweitens die damit verbundene Wertschöpfung in Thüringen durch Thüringer Medienunternehmen deutlich zu erhöhen. Dies kann nur in einem offenen Diskussionsprozess mit Intendanz, den Gremien des MDR, dem Landesfunkhaus, der Medienwirtschaft und Politik gemeinsam erreicht werden.
Politiker in Thüringen haben öffentlich überlegt, ob der Freistaat nach Auslaufen des Rundfunkstaatsvertrages dem Hessischen Rundfunk beitreten soll. Wäre das eine Option?
Die Thüringer Landesregierung hat mit Blick auf die strukturelle Schieflage im MDR hinsichtlich des Freistaates Thüringen auch die Möglichkeit einer Kündigung des MDR-Staatsvertrages artikuliert. Die damit verbundenen Aussagen und Hinwendungen zum Hessischen Rundfunk sind für mich von theoretischer Art und Weise. Ich habe in den zurückliegenden Wochen zwar immer die Benachteiligung des MDR Stadtortes Thüringens kritisiert sowie gleichzeitig Überlegungen und Maßnahmen gegenüber dem MDR zur Stärkung des Medienstandorts Thüringen eingeklagt und werde dies auch gerade, was ein zukünftiges Medienkompetenzzentrum anbetrifft, fortführen, einschließlich der notwendigen Novellierung des MDR-Staatsvertrages, aber gleichzeitig sehe ich gegenwärtig keinerlei Gründe, die Dreiländeranstalt Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – den MDR – sowie deren erfolgreiche Arbeit infrage zu stellen.