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Lohnt sich das erweiterte Buch überhaupt?

Warum es interaktive E-Books schwer haben

Mag. Dr. Michael Raunig, Akademie für Neue Medien und Wissenstransfer an der Karl-Franzens-Universität Graz Quelle: Uni Graz Mag. Dr. Michael Raunig Forscher Akademie für Neue Medien und Wissenstransfer an der Karl-Franzens-Universität Graz 23.02.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Bei einem Forschungsprojekt hat der Grazer Forscher Mag. Dr. Michael Raunig gefragt, ob es sich lohnt, "das Medium „Buch“ so weit auszudehnen, dass es zwar die Vorteile eines Buches beibehält, aber die Möglichkeiten der Dynamik und Konnektivität moderner Technologien integriert". Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle.







Auf der Leipziger Buchmesse werden auch in diesem wieder eine ganze Reihe interaktiver E-Books vorgestellt. Inwieweit sind interaktive E-Books nun dabei, die Nische zu verlassen?
Generell scheint mir eine gewisse Skepsis gegenüber dem Begriff „interaktive E-Books“ angebracht, weil darunter Produkte mit unterschiedlichen Basistechnologien subsumiert werden (verschiedene E-Book-Formate, aber auch eigenständige Anwendungen bzw. Apps). Aus den vielfältigen Möglichkeiten der Realisierung (die durchwegs interessant sind) hat sich jedoch noch kein allgemeiner Standard etablieren können, was mit unterschiedlichen Faktoren zu tun hat – Nachfrage, Produktionsaufwand, verfügbare Technologien und Autorensoftware, aber auch Produktpolitik spielen hier eine Rolle. Dass laufend interaktive E-Books auf den Markt kommen, ist erfreulich – umso bedauerlicher ist es, dass die Zielgruppe immer noch anhand der verfügbaren Leseumgebungen segmentiert und eingeschränkt wird; das ist sicherlich das Haupthindernis für den Erfolg dieser Buchgattung.

Könnten zunehmende interaktive Elemente den im E-Book vergleichsweise schwachen Segmenten Sach- und Kinderbuch zu (digitalem) Wachstum verhelfen?
Gerade bei Sach- und Kinderbüchern ergeben sich interessante Möglichkeiten, wie interaktive Elemente das (rein rezeptiv angelegte) herkömmliche Medium „Buch“ anreichern könnten. Wir haben in den vergangenen Jahren im Rahmen einer E-Book-Arbeitsgruppe versucht, diese Möglichkeiten für den Hochschulbereich zu konkretisieren bzw. didaktisch zu verorten und sind dabei neben technischen (und sonstigen) Hürden immer wieder auf eine grundlegende Frage zurückgekommen: Lohnt es sich, das Medium „Buch“ so weit auszudehnen, dass es zwar die Vorteile eines Buches beibehält, aber die Möglichkeiten der Dynamik und Konnektivität moderner Technologien integriert – oder sollte man lieber die traditionellen Grenzen dieses Mediums respektieren und andere spezialisierte Lösungen (Anwendungen, interaktive Videos, mobile Apps oder Webseiten) für derartige Vorhaben einsetzen? Selbstverständlich kann man Sach- und Kinderbücher durch interaktive und multimediale Elemente attraktiver machen, aber ob sich das in den Absatzzahlen niederschlägt, ist eine andere Frage; und wenn es um ein nichtlineares Sachbuch mit AV-Material und ausführlichen Querverweisen oder ein hochinteraktives Medium für Kinder geht, gibt es geeignetere Lösungen.

E-Book-Reader sind für das Lesen von Texten optimiert – wie sollten die Geräte für mehr Interaktivität beschaffen sein?
E-Book-Reader sind tatsächlich eine gelungene Transformation des herkömmlichen Buches – und darin liegen auch ihre Berechtigung und ihr kommerzieller Erfolg begründet. Die für interaktive Elemente notwendigen Erfordernisse (leistungsfähiger Rechner, schnell reagierendes Display) stehen dem Lesekomfort (Gewicht, Akkulaufzeit, augenfreundliche Bildschirmtechnologie) allerdings diametral gegenüber, weshalb wohl Tablets zum heutigen Stand der Technik die besten („Lese“-)Geräte für interaktive E-Books darstellen. Für die herkömmliche Lesepraxis, wo statische visuelle Elemente wie Schrift und Bild dominieren, werden E-Reader auch weiterhin völlig ausreichen.

Im internationalen Vergleich gibt es in Deutschland nur wenige reine interaktive Spiel- oder Rätsel-Titel für E-Reader. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Aus Sicht eines im Hochschulsektor Agierenden und in grober Unkenntnis des Buchmarktes tue ich mir schwer mit der Beantwortung. Es reicht sicher nicht aus, auf die Technikaffinität und Vorlieben der betreffenden Zielgruppen zu verweisen, aber darin liegt wohl auch ein wesentlicher Faktor: Verfügt hierzulande jemand, der gern Rätsel löst, überhaupt über einen E-Reader? Denkt jemand beim Kauf eines E-Readers ans Spielen? Die Druck-Rätselkultur ist im Vergleich zu ihrem elektronischen Ableger weit ausgereift, und elektronische Spiele haben ebenfalls bevorzugte Hardwarelösungen, wodurch das einschlägige Angebot für E-Reader weiterhin ein Nischendasein führen dürfte.

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