Erstmals wird es in Deutschland von einem Mobilfunkanbieter eine Gratis-Flatrate für Musik- und Video-Streaming auf dem Smartphone geben. Was halten Sie aus Verbrauchersicht von den Plänen der Telekom?
Auf den ersten Blick sind solche sog. Zero-Rating-Angebote, bei denen die Nutzung bestimmter Dienste nicht auf das Datenvolumen angerechnet wird – das Telekom-Angebot, das derzeit nur ganz wenige Anbieter in die Flat aufnimmt, zählt dazu –, für Nutzer wohl verlockend. Oftmals haben sie nur geringes Inklusivvolumen und freuen sich, wenn sie da nun ein bisschen mehr bekommen. Verbraucherpolitisch gefährden solche Angebote allerdings die Netzneutralität, zu der sich die EU im vergangenen Jahr bekannt hat. Denn wenn es zur Praxis wird, dass Mobilfunkanbieter bestimmten Online-Diensten den Vorzug gewähren, erlangen diese eine immer stärkere Position im Netz. Im Gegenzug werden es kleinere und / oder junge Anbieter sehr schwer haben, überhaupt auf dem Markt Fuß zu fassen, wenn sie nicht im Zero-Rating-Angebot eines Anbieters landen. Das gefährdet langfristig den Wettbewerb und die Vielfalt im Netz ganz enorm. Das kann kein Nutzer gut finden und sollte aus Verbrauchersicht unbedingt verhindert werden.
Allerdings ist das Videostreaming nur im teuersten Tarif inkludiert, wer Videos in HD abspielen will, braucht sogar zusätzlich einen Magenta Eins-Tarif (Festnetzanschluss). Wie verbraucherfreundlich ist das?
Natürlich werden hier zuerst Nutzer mit dickem Geldbeutel angesprochen. Gerade wenn man auf in andere europäische Länder schaut, insbesondere in Nordeuropa, sind Mobilfunkverträge mit großen Inklusivvolumen oder gar einer Voll-Flat zu erheblich günstigeren Preisen erhältlich als bei uns. Verfüge ich über ein großes Volumen, stellt sich die Frage eines Zero-Ratings nur noch nachrangig. Dahin müssen wir auch in Deutschland kommen. Aktuell scheint sich eher ein gegenläufiger Trend hin zu „noch teureren“ Angeboten abzuzeichnen, möglicherweise sogar vor dem Hintergrund der kürzlich abgeschafften Roaming-Gebühren. Den Anbietern jedenfalls in Deutschland wurde damit ein einträgliches Geschäftsmodell verhagelt. Vielleicht ist es nun die Suche nach einem neuen Geschäftsfeld, die Nutzer mit der Verlockung zahlreicher Inklusivdienste in teure Verträge zu locken.
Wie steht es generell um die Netzneutralität, wenn ein Anbieter mit solchen „Gratis“-Angeboten vorprescht?
Geschäftsmodelle mit einem Zero Rating sind in Deutschland noch immer weit verbreitet. Aus unserer Sicht sind sie – wie eben beschrieben – im Interesse eines freien und vielfältigen Internets höchst bedenklich. Jedenfalls Angebote, die einzelne wenige Dienste – wie beispielsweise das Streaming nur über ein oder zwei Anbieter – erlauben, aus diesem Grunde höchst bedenklich. Rechtlich ist allerdings derzeit nicht 100%ig geklärt, inwiefern solche Angebote gegen deutsches bzw. EU-Recht verstoßen, da sich beide Gesetzgeber leider nicht zu einer schrankenlosen Netzneutralität bekennen. Vor wenigen Wochen wurde die Netzneutralität in der USA unter dem Anfang Februar eingesetzten neuen Vorsitzenden der Federal Communications Commission (FCC) deutlich aufgeweicht. Umso mehr sollte diesseits des Atlantiks ein deutliches Zeichen durch den Gesetzgeber gesetzt werden.
Was empfehlen Sie Verbrauchern generell, denn richtigen Handytarif zu finden?
Bevor man teure und langfristige Mobilfunkverträge abschließt, sollten Nutzer sich immer wieder fragen, ob sie einen großen Bedarf an Surfvolumen haben – oder eher nicht, wie häufig. Für Viele reicht ein kleines oder mittleres Inklusivvolumen aus, etwa auch, weil sie häufig in einem WLAN sind. Viele Provider bieten die Möglichkeit zum einmaligen oder dauerhaften Upgrade, wenn das gebuchte Volumen nicht ausreicht. Wer besondere Nutzungsansprüche hat, ausgesprochen viel spielt oder streamt, der sollte im Netz nach geeigneten und ggf. teureren Angeboten recherchieren.