Früher war Bristol Welthandelszentrum und Tor zum weltweiten britischen Kolonialreich. Heute ist die 400 000-Einwohner-Stadt im Südwesten Englands Zentrum der High- Tech-Industrie. Seit Januar 2003 entwickelt hier der Elektronikkonzern Hewlett-Packard (HP) unter dem Motto “mobile Bristol“ neue mobile Anwendungen und erforscht, wie diese von Testpersonen genutzt werden. In Kooperation mit dem Lokalsender GWR wird dabei auch ein neuer Ansatz für DABerprobt: interaktives Radio.
Mit einem noch prototypischen HP-Endgerät können die Testhörer über Touch-Screen durch die Informations-Angebote des Senders navigieren, die als Zusatzdienste angeboten werden. Über dieselbe Oberfläche geben die Hörer Rückmeldungen an den Sender. Der Rückkanal läuft dabei über GPRS oder Wireless Broadband (WiFi).
So können beispielsweise lokale Veranstaltungstermine und Wetterberichte aufgerufen werden. Auch die Liste der letzten zehn gehörten Songs kann der Hörer abrufen oder am täglichen Morgenquiz des Senders teilnehmen. Die Bedienung des Radio-Interfaces funktioniert dabei ähnlich wie die eines Internetbrowsers.
“Information, die den Hörer als Teil der Übertragung mühelos erreicht, hat viele Vorteile im Gegensatz zum Internet. Das Internet setzt immer voraus, dass man den Computer anwirft“, sagte HP-Psychologe Erik Geelhoed dem Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk.
Vor allem sei die direkte Interaktion mit dem Radiosender billiger als über Telefon oder E-Mail. “Die Leute lieben es, an Quizsendungen teilzunehmen oder einen Song zu kaufen, den sie gerade noch im gehört haben“, sagte Geelhoed.
Der HP-Mann sieht im interaktiven Radio nicht nur die technische Zukunft des Mediums,
sondern auch die Möglichkeit neue Geschäftsfelder zu erschließen. “Hier eröffnet sich ein lukrativer Weg MP3-Files direkt über das Radio zu verkaufen“, sagte Geelhoed. Außerdem könnten die Hörer künftig gegen eine kleine Gebühr an Rätselshows teilnehmen - ähnlich der Erfolgsformate des Fernsehsenders Neun Live. “Eine weitere Möglichkeit wären personalisierte kostenpflichtige Verkehrsnachrichten für Pendler oder die Vorbestellung von Kino- und Theaterkarten über das Radio“, sagte Geelhoed. Die Untersuchungen in Bristol hätten außerdem gezeigt, dass die interaktiven Services Radio wieder sehr populär machen könnten und den Verkauf entsprechender DAB-Engeräte ankurbeln würden.
Noch bis September 2005 finanziert sich “mobile Bristol“ in Zusammenarbeit mit der Universität Bristol über Fördermittel. Im Anschluss soll mit veränderten Organisationsstrukturen an den Projekten weitergearbeitet werden.