Die Abschaffung der Sieben-Tage-Regelung wird diskutiert. Wie steht Ihr Verband zu dieser Forderung?
Nie war öffentlich-rechtliches Fernsehen so wichtig für unsere demokratische Gesellschaft wie heute. Alle Beschränkungen, die der Herstellung seines Programms, seiner Verbreitung und seiner Zukunft im Wege stehen, sollten natürlich in Frage gestellt werden. Dazu gehört in erster Linie die Beschränkung, dass schon seit Jahren die notwendigen Mittel für eine kostendeckende Finanzierung der Auftrags- und Koproduktionen nicht mehr bereitgestellt werden.Auch werden Sendungen munter wiederholt oder sieben Tage lang in Mediatheken gestellt mit der völligen Beschränkung der urheberrechtlichen gebotenen, angemessenen Vergütung der kreativen Fernsehschaffenden.
Weg mit diesen Schranken: Fernsehproduktionen müssen wieder angemessen finanziert sein, Fernsehschaffende – ohne die das öffentlich-rechtliche Fernsehen letztlich keine Zukunft hat – wieder unter arbeits-, sozial- und tarifrechtlichen Bedingungen arbeiten können. Und die 7-Tage-Regelung darf fallen, wenn die dafür urheberrechtlich notwendige angemessene Beteiligung der kreativen Kräfte einkalkuliert wird. Vorher bitte nicht!
In einer gemeinsamen Erklärung mit anderen Verbänden werden Einnahmeverluste etwa aus der kommerziellen Video-on-Demand-Verwertung oder aus DVD-Verkäufen benannt. In welchen Größenordnungen drohen Ihren Mitgliedern Verlust bei einer kompletten Abschaffung der Sieben-Tage-Regelung?
Nach gegenwärtigem Stand zeigen sich die öffentlich-rechtlichen Sender zwar mehr oder weniger bereit, mit uns über Nachvergütungen bei linearen Wiederholungen zu reden, aber die Mediathekennutzung soll dabei völlig außen vor bleiben. Unter diesen Voraussetzungen würde die grenzenlose Online-Bereitstellung der Sendungen einerseits uns nicht entgolten und andererseits die linearen Wiederholungen, an denen wir beteiligt werden könnten, verdrängen.
Darüber hinaus würde unseren Produzenten die Perspektive verbaut, die chronische Unterfinanzierung der Auftragsfilme eventuell durch eigene Auswertungen zu kompensieren. Und wenn unsere Produzenten husten, kriegen wir eine Lungenentzündung – so viel zu Größenordnungen.
In der Erklärung wird beklagt, es mangle schon heute an einer angemessenen Vergütung für die Online-Verwertung. Wie könnte eine angemessene Vergütung aussehen?
Alle relevanten Verbände sind sich einig: Die gegenwärtige Praxis, die Kreativkräfte mit Einmalzahlungen abzuspeisen, ist angesichts der Vorteile, die den Sendern durch Mehrfachnutzungen der Sendungen entstehen, urheberrechtlich unzulässig. Bei der Bemessung der angemessenen Vergütung muss jede Nutzung zählen – unabhängig davon, ob sie linear oder nicht linear stattfindet.
Die Schauspiel-, Regie- und Drehbuchverbände haben in Gemeinsamen Vergütungsregeln mit dem Privatsender ProSiebenSat.1 vereinbart, dass grundsätzlich die Zuschauerzahl, also bei der Online-Verwertung die Anzahl der Klicks entscheidend ist. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben dagegen den Anspruch, nicht für die Quote zu senden. Sie darf insofern auch kein Maßstab sein für die Höhe weiterer Beteiligungen an die Kreativen. Als Gradmesser kommt nur die Anzahl der Wiederholungen einer Sendung in Frage oder eben die Anzahl der Tage, die eine Sendung in der Mediathek bereitgestellt wird.
Sie schlagen einen bislang nicht vorgesehenen Etatposten „Lizenzkosten nicht-lineare Verbreitung“ vor, der bei der KEF beantragt werden soll. Um wie viel könnte oder sollte die Rundfunkgebühr dafür steigen?
Wahrscheinlich gar nicht. Die durch die Umstellung der Rundfunkgebühren auf den Haushaltsbeitrag erzielten Einnahmeüberschüsse sollten dafür ausreichen.
Welcher Anteil der Gebühr müsste in diesem Fall für eine angemessene Gebühr verwendet werden?
Eigentlich ist es nicht an uns, genau zu kalkulieren, welcher zusätzliche Finanzbedarf bei der KEF angemeldet werden müsste, um endlich unter legalen Bedingungen Auftragsproduktionen herstellen und den Mehrbedarf für die VoD-Rechte der Kreativkräfte abgelten zu können. Wir schätzen aber, dass die Sender sich auf etwas mehr als 1% der Rundfunkabgabe einrichten müssen.
Als überzeugte Unterstützer des öffentlich-rechtlichen Systems fordern wir nur Selbstverständlichkeiten: Insbesondere öffentlich-rechtliche Anstalten haben keinen Freifahrtschein, unter Umgehung aller rechtlichen Standards Programm herstellen zu lassen bzw. in Mediatheken zu platzieren.