Hat die klassische Fernsehwerbung ausgedient?
Bis die klassische Fernsehwerbung ausgedient hat, wird noch viel Wasser durch den Rhein und die Wupper fließen. Fernsehwerbung ist gerade für FMCG Marken eine wichtige Basis, weil sie einen starken täglichen Kaufimpuls schafft, der die Umschlaggeschwindigkeit der Produkte im Handel hoch hält. Sobald die Zuschauer sich aber wesentlich mehr via netflix, Amazon Fire und maxdome unterhalten lassen, schwindet die Kraft des linearen Fernsehen. Außerdem wird die lineare Fernsehwerbung künstlich belebt, was rein betriebswirtschaftliche Gründe in den Unternehmen und Agenturen hat. Meine Einschätzung ist, dass sich klassische Fernsehwerbung noch ca. 5 Jahre auf konstantem Niveau halten wird. Und dann kommt ein gravierender Bruch. Als Experte für Smart TV und ehemaliger Mediaagentur-CEO sehe ich die Entwicklung nicht nur aus Audio-Perspektive.
Können Sie den Trend hin zu akustisch-dominierten Werbeformaten bestätigen?
International Ja, in Deutschland haben wir das berühmte deutsche Trägheitsmoment. In Deutschland sind die Werbeinvestitionen in Radio zur Zeit leicht rückläufig, was nichts mit der Leistungsfähigkeit und der Wirkung von Audiowerbung zu tun hat. Audio ist ein sehr starkes Kommunikationsgut, das viel zu sehr unterschätzt wird. Wir haben mit k2mediasales einige konkrete Erfahrungen mit Response-Audio-Kampagnen gemacht, und sehen gute Gründe für einen Ausbau von Audio-Werbung.
Wie werden sich die Werbeformate im Radio weiterentwickeln?
Radio – was auch immer das genau sein mag – hat gerade in Zukunft wieder aufgrund der hohen Tages-Reichweite eine wichtige Funktion für kommerzielle Markenwerbung. Denn nur Radio wird (neben OOH) eine schnelle, stimulierende Aufmerksamkeit für Marken, Produkte und Angebote schaffen. Die Sender bieten dazu schon heute neue Möglichkeiten, z.B. Native Radio Advertising (redaktionell gestaltete Programmmodule) zur Markeninszenierung und -positionierung, Interaktionen zur Response- und Lead-Generierung, Neukundengewinnung in eCommerce etc. Eine ganz besondere Bedeutung sehe ich persönlich für Content Seeding von Owned Media Produkten: Je mehr Unternehmen eigene Plattformen entwickeln bzw. Videos und Produktinformationen auf nicht-linearen Kanälen platzieren, desto mehr muss dieser Content gefunden werden. Heute spricht man dabei nur über Targeting und Big Data, in Zukunft glaube ich fest an Content Seeding für Owned Media Produkte.
Welche Rolle spielt künftig Werbung auf den digitalen Second-Screens, wie Smartphones und Tablets? Gibt es dafür schon einen intelligenten Werbeansatz?
Heute ist der Einsatz von Second Screens noch nicht intelligent. Second Screen Advertising muss zunächst durch den Ausbau des Geräte-Pairings und der konsistenten Komplementärsteuerung verbessert werden. Dann können unterschiedliche Screens auch kombiniert gesteuert werden und wirken. Dann macht Audio auf dem starken Audio Kanal gemeinsam mit einer visuellen, interaktiven Steuerung auf dem Smartphone oder Tablet Sinn. Stellen Sie sich vor, dass das Smartphone intelligent mit einem DAB+ Radio gekoppelt wäre. Im Webradio reicht eine App schon aus, um „Second Screen“ zu ermöglichen. Übrigens: Second Screen ist heute noch nicht eindeutig genug definiert. In der Regel wird es verwendet für „Nebenbeschäftigung beim Fernsehen“. Das gab es auch schon vor 30 Jahren, mit entsprechenden Studien und Medien. Meines Erachtens ist Second Screen eine komplementäre Nutzung eines bestimmten Contents auf mehreren Screens, simultan oder auch zeitversetzt. Es kommt auf ein Pairing und ein intelligentes Backend-System an, das dem Nutzer auf jedem Kanal die richtige Botschaft liefert, damit das Maximum an Effektivität erreicht wird.