Meinungsbarometer: Wie sehen Sie Deutschland bei der Entwicklung und vor allem bei der Einführung des Digitalen Rundfunks international aufgestellt?
Michael Glos: Mit der geplanten Abschaltung des analogen Fernsehens im Jahr 2009 wird die Bundesrepublik Deutschland eines der ersten europäischen Länder sein, in denen nur noch digitales Fernsehen zu empfangen ist. Diese Zielstellung entspricht den Vorgaben der Europäischen Kommission, die ihrerseits die Abschaltung des analogen Fernsehens in ganz Europa in den Jahren 2010 bis 2012 anstrebt.
Welches Potenzial sehen Sie im Digitalen Rundfunk auch mit Blick auf Impulse für Wirtschaft und Beschäftigung in Deutschland und Europa?
In der Digitalisierung der Medien insgesamt einschließlich des Rundfunks sehe ich ein enormes Entwicklungspotenzial sowohl für die deutsche als auch europäische Wirtschaft. Erst durch die umfassende Digitalisierung aller Übertragungswege (Satelliten, Terrestrik, Breitbandkabel, Internet) wird es möglich, die Anzahl der übertragenen Programme und Dienstleistungen bedeutend zu erhöhen und damit eine der wesentlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass zusätzliche Anbieter uneingeschränkt und diskriminierungsfrei in die neuen digitalisierten Märkte der Medienbranche eintreten können. Dies betrifft nicht nur ausschließlich den Rundfunk und das Fernsehen, sondern übergreifend alle Branchen, die sich zukünftig den Zugang zu digitalisierten Übertragungsmärkten zu nutze machen wollen, beispielsweise auch Zeitungen oder Zeitschriften.Eine ähnliche Entwicklung sehe ich ebenso
im Bereich der Geräteindustrie. Die bevorstehende Fußball-WM soll gleichzeitig Startsignal sein für Handy-TV in Deutschland. Mit welchen Maßnahmen unterstützt die Bundesregierung die Einführung dieser neuen Technologie?
Die Bundesregierung hat anlässlich der im Jahre 2006 erfolgten Gründung des “Forums Digitale Medien - Aktion für Rundfunk und Neue Medien” gemeinsam mit den Ländern ihr besonderes Interesse an der Einführung von mobilen digitalen Übertragungsverfahren im Fernsehbereich, auch Handy-TV genannt, bekundet. Zur Begleitung der Entwicklung ist bereits eine spezielle Arbeitsgruppe dieses Gremiums gegründet worden. In dieser Arbeitsgruppe sind Mitarbeiter meines Hauses, der Länder, der öffentlich-rechtlichen und auch der privaten Programmveranstalter, der Netzbetreiber und Serviceprovider sowie der Mobilfunkbetreiber vertreten. Dort wird an der Umsetzung von Konzepten, wie z.B. der zeitgerechten Ermöglichung des mobilen Fernsehens über Handy mindestens an den Orten der Fußball-Weltmeisterschaft, gearbeitet. Ich bin weiterhin überzeugt davon, dass Handy-TV in Deutschland zur Fußball-Weltmeisterschaft stattfinden wird.
Die kommenden Wochen bringen für den Rundfunk weltweit wichtige Weichenstellungen für die Zukunft. Mitte Mai hat in Genf die Internationale Wellenkonferenz begonnen. Mit welchen Erwartungen und Zielstellungen ist Deutschland in diese Verhandlungen gegangen?
Deutschland hat aus der Erkenntnis heraus, dass weitere Entwicklungen im Bereich des Rundfunks und der Medien nur durch eine konsequente Digitalisierung der Medienwelt erreicht werden können, schon im Jahre 2000 die Regionale Funkkonferenz der ITU mit initiiert und im Verlauf der Vorbereitung von Anfang an seine grundlegenden Interessen eingebracht. In der Frage der Frequenzverfügbarkeit für Deutschland kann und will ich den Ergebnissen nicht vorgreifen. Ich gehe jedoch davon aus, dass für alle europäischen Länder ein gewisses Optimum erreicht werden kann, um digitales terrestrisches Fernsehen, sowohl stationär als auch mobil, flächendeckend zu ermöglichen. Dabei setze ich auf die Kompromissfähigkeit der Europäer.
Ob Radio oder Fernsehen - beim Empfang von Programmen über Digitalen Rundfunk wird häufig die noch zu geringe Sendeleistung kritisiert. Ist Besserung in Sicht?
Aussendungen von Frequenzen machen weder an den Landesgrenzen noch an den Kanal- oder Bandgrenzen halt. Es sind z. B. die Interessen der Betroffenen jenseits unserer Staatsgrenzen zu berücksichtigen. Wir beabsichtigen auch zukünftig, bei diesem Thema unsere Interessen mit Nachdruck zu vertreten, um zu einer zufrieden stellenden Lösung für die Hörfunkgemeinde im Lande kommen zu können. In der Frage der Leistungsbegrenzung beim mobilen digitalen Fernsehen bedarf es noch abschließender Koordinierungen mit den Verwaltungen der Nachbarländer Deutschlands. Nach ersten praktischen Studien im Rahmen von Pilotprojekten kann mit den gegenwärtigen Leistungsparametern eine Versorgung in Gebäuden von bis 90% erreicht werden. Sie können jedoch auch bei einer zukünftigen Verbesserung der Situation nicht davon ausgehen, dass eine Versorgung bis in jede Tiefgarage möglich werden wird.