Meinungsbarometer: Herr Hermann, welchen Stellenwert hat die Hörfunkdigitalisierung im Vergleich zu anderen Aufgaben innerhalb des SWR?
Bernhard Hermann: Bei diesem Thema geht es um nicht weniger als um die Zukunft des Radios bzw. das „Radio der Zukunft“. Dass wir dieser Frage einen außerordentlich hohen Stellenwert beimessen, erkennen Sie schon daran, dass wir Projekte wie „Radio Plus“ mit hoher Priorität durchführen. Hörfunkdigitalisierung bedeutet für uns dabei übrigens mehr als digital-terrestrische Bedeckungen für bundes- und landesweite Programme. Hörfunkdigitalisierung ist für uns das gesamte Paket, mit dem Radio fit für die Zukunft gemacht werden muss, inhaltlich und technisch. Dazu gehört auch die Verbreitung über das Internet.
Wie planen Sie, die beim SWR gemachten Erfahrungen auf die Ebene der ARD-Anstalten zu transferieren?
Der SWR tauscht die Ergebnisse seiner Projekte, Studien oder Untersuchungen regelmäßig mit den anderen Anstalten in der ARD aus. „Radio der Zukunft“ ist ja ein Konzept, hinter dem die Hörfunkkommission der ARD geschlossen steht. Deshalb waren die anderen Landesrundfunkanstalten auch immer genau über das konkrete Projekt „Radio Plus“ und dessen Verlauf informiert. Die Ergebnisse stehen natürlich allen zur Verfügung.
Wie bewerten Sie das Signal der Ministerpräsidenten, Frequenzen für den bundesweiten Multiplex zuzuordnen?
Der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, Ministerpräsident Kurt Beck, hat sich ja unlängst dazu geäußert und gesagt, dass die Rahmenbedingungen für den Start von Digitalradio Plus geschaffen sind. Für den bundesweiten Multiplex ist das zutreffend. Wenn jetzt die entsprechenden Bewerbungen dafür eingehen, wird dies sicher positive Auswirkungen auf die Ausschreibung der landesweiten Bedeckungen haben. Der Bedarf auf Seiten der Landesrundfunkanstalten besteht jedenfalls.
Welche Chancen sehen Sie darin, dass die ARD-Anstalten pro Land je ein weiteres nur über Digitalradio Plus verbreitetes neues Hörfunkprogramm starten können?
Was dem Radio immer gut tut, sind neue innovative Programmformate. Eine rein quantitative Ausweitung bringt uns nicht weiter. Wir setzen deshalb in erster Linie auf die neuen Funktionalitäten, die wir innerhalb des Projekts „Radio Plus“ entwickelt haben. Wir glauben, dass in den multimedialen Möglichkeiten und den an den Bedürfnissen der Nutzer orientierten neuen Features so viel Mehrwert steckt, dass sich diese Art von Radio bei den jüngeren Hörern und auf dem Markt durchsetzen wird.
Kann die gemeinsame Studie („Radio Plus“) öffentlich-rechtlicher und privater Veranstalter zur Nutzerakzeptanz von Digital Radio den erwarteten Neuantrag der ARD bei der KEF beflügeln?
Die gemeinsame Studie zeigt den inhaltlichen Weg für das Radio der Zukunft und welche Funktionalitäten es haben muss, um bei den jüngeren Nutzern anzukommen. Die Umsetzung ist völlig unabhängig vom Verbreitungsweg. Geräte, die diese Inhalte empfangen und darstellen können, gibt es bereits heute. Egal, ob das Programm über Internet oder digitale Terrestrik verbreitet wird. Vermutlich wird es künftig auch mehr als nur einen einzigen Radio-Verbreitungsweg geben. Dafür haben wir ein Konzept und darüber reden wir mit der KEF.