Verschiedene Politiker fordern, im Unterricht verstärkt auf Smartphones zu setzen. Wie stehen Sie dazu?
Grundsätzlich plädiere ich für einen offenen Umgang mit Smartphones im Unterricht. Kinder besitzen heute schon im Grundschulalter Handys. Ihren Gebrauch generell zu untersagen, ist nicht zeitgemäß. Vielmehr sollte überlegt werden, wie Smartphones zielführend im Unterricht eingesetzt werden können, beispielsweise zum Informationserwerb oder zum Suchen einer bestimmten Landschaft auf der Karte im Geographieunterricht.
Sobald Handys die Schülerinnen und Schüler ablenken oder zu Störungen im Unterricht führen, machen Verbote natürlich auch weiterhin Sinn, genauso bei Klassenarbeiten oder Klausuren.
Ein Problem aus Sicht der Kritiker – nicht alle Kinder haben Smartphones. Wie kann frühzeitige digitale Spaltung der Gesellschaft verhindert werden?
Aktuelle Erhebungen belegen, dass 95 Prozent der Heranwachsenden ab 14 Jahren ein Smartphone besitzen, also praktisch jeder. In der Altersgruppe von zehn bis 14 Jahren sind es immerhin knapp 60 Prozent. Die Geräte sind meist hochmodern und auf dem aktuellen Stand der Technik.
Für Schülerinnen und Schüler, die über kein eigenes Smartphone verfügen, kann in der Regel die Schule Ersatztechnik zur Verfügung stellen (PC, Laptop, Tablet). Eine frühzeitige „digitale Spaltung“ in der Schule ist in Thüringen gegenwärtig nicht erkennbar.
Welche Maßnahmen zur Digitalisierung treiben Sie in Ihrem Bundesland vorrangig voran?
Unter Federführung des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und digitale Gesellschaft arbeitet die Thüringer Landesregierung intensiv an einer „Thüringer Strategie für die Digitale Gesellschaft“. Hier wird, was die Bildung betrifft, ein klares Ziel formuliert: Der Aufbau digitaler Kompetenzen in allen Bildungsbereichen – von der frühkindlichen Bildung bis zur wissenschaftlichen Weiterbildung – soll gestärkt werden, unter anderem durch die Entwicklung und den bedarfsgerechten Einsatz digitaler Lehr- und Lernformate.
Seit Oktober 2015 beschäftigt sich der Runde Tisch Medienkompetenz außerdem mit der Entwicklung eines Landeskonzeptes „Medienbildung 2020“. Dahinter verbirgt sich ein Diskussionsforum aus Praktikern sowie Fachleuten aus Bildung, Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft. Ziel ist der Abschluss einer landesweiten Kooperationsvereinbarung, in der sich alle, die in Thüringen Verantwortung für die Medienbildung tragen, zur Intensivierung der Arbeit auf diesem Gebiet verpflichten.
Viele Thüringer Schulen entwickeln auf freiwilliger Basis ihre eigenen Medienkonzepte. Verpflichtend für alle ist die Umsetzung des Kurses Medienkunde für die Klassenstufen 5 bis 10. Der darauf basierende „Medienpass“ ist Bestandteil des Abschlusszeugnisses. Ab 2017 soll es ergänzend zum Kursteil für die höheren Klassenstufen auch einen Kursteil für die Grundschule geben.
Der Bund will für einen sogenannten Digital-Pakt in den kommenden Jahren fünf Milliarden Euro für die Schulen zur Verfügung stellen. Wie bewerten Sie das? Insbesondere: Reicht das aus?
Die Initiative der Bundesbildungsministerin begrüßen wir sehr. Außer der politischen Absichtserklärung ist allerdings noch nicht viel passiert. Weder die Förderkriterien (Mittelvergabe und -einsatz) noch der Anteil an der Fördersumme für die einzelnen Bundesländer wurden bisher festgelegt. Hier würden wir uns deutlich mehr Klarheit und mehr Tempo wünschen. Bundesministerin Wanka hat einen Förderzeitraum ab 2017 bis 2021 avisiert. De facto könnte die Umsetzung ab 2018 beginnen. Voraussetzung dafür ist aber, dass es auch der politische Wille der kommenden Bundesregierung ist, das Programm wie vorgeschlagen beizubehalten.
Abgesehen von der technischen Ausstattung – wie werden die Lehrer fit für die digitale Zukunft?
Für die Thüringer Lehrkräfte bietet das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM) permanent entsprechende Fortbildungsveranstaltungen an. Zur Einrichtung des Kursplanes Medienkunde in der Grundschule wird es zum Beispiel ein Begleitprogramm für Lehrkräfte geben, so wie es in den Jahren 2009 bis 2012 auch für die Lehrkräfte der Klassenstufen 5 bis 10 gelaufen ist. Damals wurden etwa 500 Lehrkräfte geschult.