Herr Langheinrich, das Konsortium Mobile 3.0 steht Medienberichten zufolge vor dem Aus. Warum ist das Projekt aus Ihrer Sicht gescheitert?
Von einem Scheitern zu sprechen, wäre zu früh. Die Landesmedienanstalten haben Mobile 3.0 in einem Brief aufgefordert, die weiteren Planungen für das Projekt zu skizzieren. Danach sehen wir alle vielleicht klarer. Mobile 3.0 ist auf jeden Fall in der Pflicht, klar zu erklären, ob ein Ausstieg - wie in der Presse zu lesen war - geplant ist. Nach wie vor fehlen die Verträge über den Netzbetrieb und den Handy- Vertrieb. Ohne diese essentiellen Vereinbarungen sehe ich keine Basis für das Pilotprojekt.
Gibt es nach Ihrer öffentlichen Aufforderung an Mobile 3.0 sich zu positionieren bereits eine Reaktion vom Konsortium.Bis wann erwarten Sie eine Antwort?
Nein. Sicher liegt es im eigenen Interesse von Mobile 3.0 zeitnah zur Klärung des Sachverhaltes beizutragen.
Mobile 3.0 hat unter anderem die langsame Arbeitsweise der Landesmedienanstalten bei der Lizenzierung für das Scheitern mit verantwortlich gemacht. Warum verlief der Genehmigungsprozess so langsam? Das gehört ganz klar in die Abteilung Legendenbildung. Das Management von Mobile 3.0 weiß sehr wohl, dass die Landesmedienanstalten schnell und effektiv die Lizenzierung vorangetrieben haben. Alle Gremien hatten sich im Frühjahr für die Zuweisung der Plattform an Mobile 3.0 entschieden und die Bescheide lagen im Postausgang der Landesmedienanstalten. In einigen Bundesländern konnten sie allerdings nicht verschickt werden, da es Verzögerungen bei der Frequenzzuweisung durch die verantwortlichen Staatskanzleien gab. Hintergrund waren Vertragsunstimmigkeiten zwischen Mobile 3.0 auf der einen, ARD und ZDF auf der anderen Seite, die an die Staatskanzleien herangetragen wurden. Das führte in einigen Bundesländern zum Stopp des Zuweisungsverfahrens durch die Politik. Erst nach einer Klärung gab es grünes Licht aus den Staatskanzleien und erst dann konnten die Lizenzurkunden von den Landesmedienanstalten verschickt werden. Was einige fehlende Urkunden allerdings mit den immer noch nicht geschlossenen Verträgen zu tun haben, ist mir nicht ganz klar. Von Ablenkungsmanövern sollte man sich nicht beeindrucken lassen.
Ist der Traum von Handy-TV in Deutschland damit ausgeträumt ?
Zumindest scheint der Traum von der Realitäteingeholt. Sollte Mobile 3.0 nicht weitermachen wollen, dann werden die Karten neu gemischt. Dazu muss intensiv der Markt sondiert und geklärt werden, ob das bestehende Geschäftsmodell noch Bestand haben kann. Immerhin gibt es seit einigen Monaten mobiles Fernsehen via DVB-T-Handys. Möglicherweise muss vor diesem Hintergrund neu gedacht werden.
Zahlreiche Programmveranstalter wie z.B. Digital 5 oder Regiocast haben in ihren Planung auf DVB-H gesetzt. Muss in diesen Häusern nun komplett umgeplant werden?
Natürlich ist die offenkundige Stagnation bei Mobile 3.0 für die Inhalteanbieter, die voll auf die Zusammenarbeit mit diesem Betreiber gesetzt haben, mehr als ärgerlich. Allerdings ist das eben manchmal das Schicksal der Vorreiter, dass es zu Verzögerungen kommen kann. Darum haben Digital 5 und die anderen Programmanbieter konsequent auch auf das Internet gesetzt und starten jetzt manche ihrer Portale und Inhalte zuerst im Web. Insofern zeigen sie die nötige Flexibilität. Aber insgesamt ist es für sie natürlich sehr unbefriedigend.
Welche Lehren sind aus dem Scheitern von Mobile 3.0 bei der Einführung von DAB+, dem neuen digitalen Radio zu ziehen?
Der Verlauf von DMB und auch DVB-H zeigen, wie wichtig es ist, dass alle Marktteilnehmer gemeinsam bei der Einführung einer neuen Technologie an einem Strang ziehen. Nur gemeinsam lassen sich neue digitale Übertragungswege etablieren. Die Landesmedienanstalten setzen den regulatorischen Rahmen, die Player müssen dieses Gerüst mit Leben erfüllen. Darauf kommt es auch beim Neustart vom digitalen Radio an. Die Landesmedienanstalten übernehmen gerne die Moderatorenrolle - eine Erfolgschance hat digitales Radio aber nur, wenn es unabhängig von Lippenbekenntnissen auch von allen tatsächlich gewollt wird und auch die Bereitschaft besteht, entsprechende finanzielle Investitionen zu tätigen.